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Geld

Teil der Lösung

3.2.2021

Den Noten- und Geschäftsbanken im Euroraum kommt in der Krise eine wichtige Funktion zu. Armin Schneider, Direktor der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) West, spricht im Interview unter anderem über die geldpolitische Situation und die besondere Verantwortung des Bankensektors.

eco.nova: Wir sind seit Monaten mit einer weltweiten Gesundheitskrise konfrontiert, die sich zur epochalen Wirtschaftskrise ausgewachsen hat. Im Gegensatz zur Finanzkrise vor zehn Jahren gibt es bislang aus der Finanzwelt aber so gut wie keine Hiobsbotschaften. Sind die Banken im Land stark und gesund genug, um die zahlreichen Herausforderungen dieser Krise zu bewältigen? 

Armin Schneider: Krisen sollten immer auch genutzt werden, um daraus zu lernen, das ist in Folge der Finanzkrise bei den Banken genauso passiert. Die Eigenkapitalquoten haben sich seither verdoppelt, daher sind Kreditinstitute heute nicht mehr Ausgangspunkt oder Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. Sie haben sich auch sehr bemüht, kundenorientierte Lösungen zu finden und die Kreditvergabe auszuweiten. Allein in den ersten neun Monaten des Jahres 2020 stiegen die Ausleihungen österreichischer Banken gegenüber Privaten und Unternehmen um 14,5 Milliarden Euro. Erwartbar ist, dass mit zunehmender Zeit bzw. dem Auslaufen von Hilfsleistungen mehr Zahlungsausfälle zu verkraften sein werden, die allerdings aus heutiger Sicht von den Banken geschultert werden können, insbesondere da wir hierzulande in den letzten Jahren eine vergleichsweise geringe Ausfallquote zu verzeichnen hatten. 


Was sind in einer Krise wie dieser die zentralen Aufgaben einer Notenbank?
 

Die allergrößte und zugleich erste Herausforderung lag sicherlich in den letzten Tagen vor dem ersten Lockdown, wo die Bedenken der Menschen stark zunahmen und sich die Bargeldbezüge auf bis zu eine Milliarde Euro pro Tag beliefen. Das ist drei bis fünf Mal so viel wie in Normalzeiten. Der Zahlungsverkehr als wichtige Hauptschlagader der Wirtschaft war schon zuvor sehr stark digitalisiert, daher hielten sich hier die Herausforderungen in Grenzen. Weitere wichtige Aspekte sind die Bereitstellung von Liquidität für die Banken, die Bankenaufsicht mit Fokus auf Finanzmarktstabilität, die Bereitstellung von aktuellen Daten und die volkswirtschaftliche Analyse der Auswirkungen.


Was kann die OeNB dazu beitragen, das Vertrauen in die Bankenwelt und damit indirekt die Wirtschaft zu stärken? 

Durch das Zusammenwirken von operativen Elementen – Verfügbarkeit und Sicherheit des Bargeldes, Aufrechterhaltung des unbaren Zahlungsverkehrs, Steuerung von Liquidität und Preisniveau und Bereitstellung von aktuellen Daten –, präventiven Aufgaben – Zahlungssystem- und Bankenaufsicht –, und sogenannter Moral Suasion, also einem guten Zureden an die Wirtschaftsteilnehmer und damit einer Beruhigung, wird dies gewährleistet. Zudem ist uns auch ein Ausbau des Finanzwissens ein großes Anliegen, denn ein breites Verständnis in der Bevölkerung für wirtschaftliche Abläufe und Zusammenhänge ist ein wichtiger Baustein für eigenständige und verantwortungsvolle Entscheidungen sowie für einen funktionierenden Kapitalmarkt.

Ist die wirtschaftspolitische Krisenbewältigung eine Gratwanderung zwischen Zombifizierung und Pleitewelle? 

Nein. Bei einer so überfallsartigen und einschneidenden Veränderung wie im Jahr 2020, gegen die man sich auch nicht wirklich absichern kann, ist eine Hilfestellung durch den Staat als angemessen zu betrachten. Allerdings wird diese einerseits nicht unendlich erfolgen können, andererseits wird die Situation für manche Firmen mit zunehmender Zeitachse sicherlich nicht leichter werden. Da und dort werden also bisherige Marktteilnehmer ausscheiden und dafür neue eintreten. Das war aber auch vor der Pandemie so. 

Wirkt die Pandemie als Digitalisierungsturbo und was bedeutet das für das Bargeld?

Digitalisierung ist sicherlich kein Thema, das von heute auf morgen umsetzbar ist. Auch alle bekannten Paradeunternehmen und Vorreiter der Digitalisierung sind nicht von 0 auf 100 gestartet und haben ihr Geschäftsmodell über die Zeit angepasst. Im Zahlungsverkehr hat die Anhebung des möglichen kontaktlosen Zahlungsbetrages von 25 auf 50 Euro für zusätzliche Dynamik gesorgt. Wir haben aber auch gesehen, dass die Menschen wieder sehr schnell in gewohnte Muster zurückfallen, wenn die Normalität zurückkehrt. Einer aktuellen Studie der EZB zufolge will mit 55 Prozent die Mehrheit der Europäer, dass Bargeld weiterhin eine wichtige Funktion behält. In Österreich sind es sogar 71 Prozent. Einen auch von uns unterstützten Schwung sollen sogenannte Instant Payments bringen, wo jeder mobil Geld an einen Geschäftspartner überweisen kann, der innerhalb von zehn Sekunden eine Zahlungsbestätigung erhält. Zudem untersucht die EZB gerade die Möglichkeiten, eine Form des E-Euros einzuführen.


Interview und Fotos: Marian Kröll


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