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Geld

Mehr-Wert

11.6.2024

Mit dem wissenschaftlichen Zugang, Märkte zu verstehen und dazu Modelle zu entwickeln, haben die Innsbrucker Universitätsprofessoren Matthias Bank und Jochen Lawrenz das Spin-off Innfoliolytix – ein Kompositum aus Innsbruck, Portfolio und Analytics – gegründet. Bislang exklusiv im Rahmen der Vermögensverwaltung der BTV Vier Länder Bank, seit Jahresanfang mit eigener Konzession als Wertpapierfirma ausgestattet, darf die junge Firma nun auch eigenständig am Markt auftreten. Die Strategien, die Innfoliolytix anbieten möchte, sollen eine höhere Rendite erzielen als ein vergleichbarer globaler Marktindex – ein durchaus nicht unambitioniertes Ziel. „Es ist tatsächlich schwer, den Markt nachhaltig zu schlagen, das belegen unzählige Studien. Dennoch, es gibt auch etliche Belege, dass mit den richtigen Methoden und Ansätzen ein gewisser Mehrwert erreicht werden kann“, sagt Matthias Bank. Er ist Professor für Banking & Finance am Institut für Banken und Finanzen an der Universität Innsbruck.

Es ist diese Expertise, mit der die Firma im Markt für Vermögensverwaltung erfolgreich sein möchte. Jochen Lawrenz hält die Professur für Risikomanagement am selben Institut und hat im Zuge seiner Forschung Beobachtungen gemacht, welche die Grundlage für eine erste Strategie von Innfoliolytix darstellen. „Es ging anfangs darum, zu verstehen, ob und wie zukünftige Renditen am Aktienmarkt prognostiziert werden können. Dazu haben wir ein neues ökonometrisches Verfahren gewählt und untersucht, ob dieses die Rendite-Prognosekraft spürbar verbessert“, erklärt Lawrenz.

Mit dem Bestreben, die praktische Probe aufs Exempel zu liefern, wurde bereits 2019 die Innfoliolytix GmbH gegründet. „Die Gründung der Firma war ein evolutionärer Prozess, am Anfang stand unsere Forschung und mit der BTV haben wir eine exzellente Partnerin gefunden, die unser Spin-off gemeinsam mit der Uni-Holding mittragen wollte“, so Lawrenz. Dabei ist es kein Zufall, dass das Unternehmen bereits seit einigen Jahren besteht, bevor man den Schritt an eine breitere Öffentlichkeit gewagt hat, erklärt Matthias Bank: „In diesem Bereich kommt es zuerst darauf an, einen sogenannten Track-Record aufzubauen, also über einen gewissen Zeitraum zu demonstrieren, dass die Anlagestrategien wie erwartet funktionieren.“ Die auf die Forschung von Innfoliolytix zurückgehende Strategie hat diesen Track-Record nun über bald drei Jahre aufbauen können und dabei die Erwartungen erfüllt. Auch dies sei zwar keine Garantie für die Zukunft, allerdings erhöhe es das Vertrauen in den Anlageprozess und bilde die Voraussetzung für eine erfolgreiche Vermarktung entsprechender Produkte, die – nun mit der FMA-Lizenz ausgestattet – jetzt richtig losgehen soll, erläutern die Professoren.

Der avisierte Kund*innenkreis setzt sich aus institutionellen Investor*innen, Stiftungen, Unternehmen oder auch vermögenden Privatpersonen zusammen. „Um für uns direkt als Kunde in Frage zu kommen, müssen wir schon allein aus regulatorischen Gründen leider einen gewissen Grad an Professionalität voraussetzen, einfach weil sich unsere Ideen sonst nicht wie gedacht umsetzen lassen“, sagt Jochen Lawrenz. Privatkund*innen sollen trotzdem nicht außen vor gelassen werden. Diese könnten die Produkte in Zukunft zwar nicht direkt von Innfoliolytix, dafür aber über ihre Hausbank kaufen, genau wie das jetzt schon über die BTV möglich ist. „Uns ist es wichtig, einen hoffentlich positiven Beitrag zum Anlageerfolg möglichst vieler Menschen in Tirol und in ganz Österreich zu leisten. Der Transfer von der Forschung zur Praxis ist auch ein großes Anliegen der Universität und mit ein Grund, weshalb sie sich in diesem Bereich im Rahmen ihrer Beteiligungsstrategie an unserem gemeinsamen Spin-off engagiert“, so Matthias Bank.

Rendite und Risiko

Die den Innfoliolytix-Modellen zugeschriebene Prognosekraft resultiert aus einer wissenschaftlich überprüfbaren Herangehensweise. „Wir haben einen quantitativen und regelbasierten Ansatz. Das bedeutet, dass wir aus der Forschung abgeleitet glauben, sagen zu können, warum die Finanzmärkte sich in einer bestimmten Art und Weise verhalten“, erklärt Matthias Bank. Das läuft – vereinfacht gesagt – anders als bei herkömmlichen Produkten, bei denen ein Portfoliomanager allerlei Daten und Meinungen sammelt und die Märkte beobachtet, bewertet und daraus eine Empfehlung ableitet. „Die Entscheidungen des Managers können durchaus sinnvoll sein, aber der tatsächliche Anlageerfolg ist aus unserer Sicht in der Regel nur schwer objektiv zu beurteilen. Unser Ansatz hingegen ist: Wir verwenden lange historische Datenreihen und fortgeschrittene statistische Verfahren, um zu belegen, warum eine Strategie funktionieren könnte.“

Die Ergebnisse, die sich auf Grundlage der Kapitalmarktanalysen von Innfoliolytix erzielen lassen, sind jedenfalls durchaus beachtlich. „Bei den existierenden Strategien reden wir zum Beispiel davon, dass wir uns von diesem Ansatz in etwa ein Prozent mehr erwarten als bei einem gängigen globalen Marktportfolios“, präzisiert Matthias Bank. Nachsatz: „Durchschnittlich ein Prozent mehr pro Jahr, das hört sich erst einmal nach nicht viel an, aber das ist schon ziemlich gut und wir müssen uns so gesehen sicher nicht verstecken.“ Als Vergleich dienen gängige Weltportfolio-Indizes. „Unsere Strategie ist darauf ausgelegt, das gleiche Risiko aufzuweisen, aber dennoch einen Mehrwert zu schaffen“, sagt Lawrenz.

Schlank aufgestellt

Als primär ideengetriebenes Unternehmen ist Innfoliolytix bewusst schlank aufgestellt, auch um das eigene Produkt zum konkurrenzfähigen Preis anbieten zu können. „Wir wollen uns aus der Spin-off-Phase heraus zunächst am Markt etablieren und konsequent an der Weiterentwicklung unserer Produkte arbeiten,“ gibt Jochen Lawrenz die Richtung vor. „Mittel- bis langfristig geht unsere Strategie dahin, europäische Investoren davon zu überzeugen, über uns Kapital zu veranlagen und unsere Produkte ihrem Portfolio beizumischen“, sagt Matthias Bank.

Bisher wurde das Know-how von Bank und Lawrenz vor allem in der Vermögensverwaltung der BTV eingesetzt. Das wird auch zukünftig so bleiben, obwohl Innfoliolytix grundsätzlich unabhängig am Markt auftreten soll: „Es verbindet uns schon lange ein freundschaftlicher Kontakt mit der BTV. Ohne die BTV als unsere erste und immer noch wichtigste Kundin wäre die Gründung der Firma auch gar nicht möglich gewesen. Trotzdem war von Anfang an das Ziel, eigenständig zu sein“, erzählt Lawrenz. Dazu beabsichtigt das Unternehmen, nun mit der FMA-Lizenz in der Tasche, verstärkt selbst als Anlageberater und Portfoliomanager am Markt aufzutreten. Für die Geschäftsführung hat man dafür mit Ralf Baumann und Volker van Rüth zwei hochkarätige Praktiker gewinnen können, die viel Vertriebserfahrung mitbringen.

Aktuelle Produkte

Die Weiterentwicklung des Innfoliolytix-Produktportfolios wird dagegen weiterhin eng an die universitäre Forschung der Professoren geknüpft sein. „Forschung ist unsere DNA“, hält Matthias Bank fest. Der Kategorie FinTech fühlen sich die Innfoliolytix-Gründer nicht unbedingt zugehörig: „Wir versuchen natürlich, innovativ zu sein, und haben in den Bereichen Datenanalyse, Datenmanagement und Anlagemodellierung durchaus eine gewisse Ähnlichkeit mit Playern aus dem FinTech-Bereich. Beispielsweise brauchen unsere selbstentwickelten Methoden zur täglichen, computerbasierten Analyse von tausenden individuellen Wertpapieren einen externen Vergleich nicht zu scheuen. Allerdings denkt man bei einem klassischen FinTech wohl zuerst an Anbieter für Zahlungsdienstleistungen, neuartige Finanzplattformen und Ähnliches. Derartige Dienstleistungen stehen bei uns nicht im Vordergrund, Innfoliolytix ist ein Vermögensverwalter, der Anlageberatung nach wissenschaftlichen Kriterien bietet.“

Mit dem Begriff „Enhanced Indexing“, zu Deutsch etwa „semi-passives Investieren“, einem hybriden Ansatz aus aktivem und passivem Management, kann man sich dagegen schon eher identifizieren. Die bereits verfügbaren Produkte sind diesem Ansatz zuzuordnen. Dabei werden einzelne passive Komponenten nach den Ergebnissen eines quantitativen Modells aktiv ausgewählt, gewichtet und sollen einen spürbaren Mehrwert gegenüber einer rein passiven Veranlagung erzielen. „Mit dieser Produktreihe möchten wir den Trend zum passiven Investieren aufnehmen, legen aber eine wissenschaftlich begründete, aktive Komponente darüber, die für einen zusätzlichen Mehrwert sorgen soll. Die bisherige Entwicklung gibt uns durchaus Anlass zu Optimismus“, sagt Lawrenz. Dabei seien die Enhanced-Indexing-Strategien besonders für Kund*innen geeignet, die ohnehin in die gängigen Weltaktien- oder Weltanleiheportfolios investieren wollen. Dabei denke man beispielsweise an Treasury-Abteilungen von Unternehmen, Stiftungen, aber auch an Versicherungen und andere institutionelle Investor*innen. „Wenn alles wie beabsichtigt funktioniert, dann erhält der Investor das gleiche Anlagerisiko wie bei einer Investition in den Index, allerdings mit einer zusätzlichen Rendite. Das ist dann wie die Extrakirsche auf dem Kuchen“, sagt Jochen Lawrenz.

Seit seinem Start hat das Innfoliolytix-Kernprodukt bereits allerlei Krisen mitgemacht – von der Coronapandemie bis zum Ukrainekrieg. Mit welchem Ergebnis? „Die Strategie hat genau das getan, was sie sollte“, hält Matthias Bank fest. Sie habe in den schwierigen Zeiten gezeigt, dass sie funktioniere. Eine Garantie für zukünftigen Erfolg könne es naturgemäß nicht geben, allerdings stimme sie das gute Ergebnis optimistisch, so die Professoren.  

Zukünftiges Angebot

Geht es nach den Professoren, ist die Enhanced-Indexing-Produktreihe erst der Anfang. Mit zukünftigen Produkten möchte sich Innfoliolytix deutlicher vom globalen Markt absetzen. „Dabei versuchen wir einen erheblichen Anteil des globalen Aktienuniversums mit quantitativen Methoden fundamental zu bewerten und daraus eine Portfoliozusammensetzung abzuleiten. Wir versprechen uns davon noch eine Steigerung des Renditepotentials, allerdings muss man auch hier klar verstehen, welche Risiken damit einhergehen“, erläutert Matthias Bank. Dieser Ansatz, der oft auch unter der Wortschöpfung „Quantamental“ – ein Kofferwort aus quantitativ und fundamental – firmiert, soll sich an risikofreudigere Investor*innen aus dem professionellen Kundensegment richten. „Family Offices und andere risikotolerante Investoren wären wohl die richtige Zielgruppe für diese Produktideen. Die Fähigkeit zur richtigen Umsetzung muss gegeben sein, das ist einfach nicht für jeden etwas“, sagt Jochen Lawrenz.

Nicht zufällig klingt die Analyse einer großen Zahl von Aktien in kurzen Zeitabständen verdächtig nach der derzeit allerorten gehypten Künstlichen Intelligenz. Diese spielt in den Innfoliolytix-Produkten allerdings noch nicht die erste Geige. „Wenn man sich intensiv mit statistischer Datenanalyse beschäftigt, dann nutzt man eigentlich bereits Methoden, die aktuell oft plakativ als Machine Learning oder KI klassifiziert werden. Das gilt auch für uns. Wir wollen uns zum aktuellen Zeitpunkt aber nicht auf die Vorhersagen eines KI-Modells verlassen, da bisher nicht ausreichend verstanden ist, wie diese Modelle zu ihren Entscheidungen kommen. Unsere Strategien sollen klar nachvollziehbar sein. Eine Black Box können wir keine Anlageentscheidungen treffen lassen, das ist nicht unser Ansatz“, so Matthias Bank. „Wie es in fünf oder zehn Jahren aussieht, kann man bei der Geschwindigkeit der derzeitigen Entwicklung aber nur schwer abschätzen.“

Mustererkennung

Mit Empfehlungen für Einzelaktien halten sich die Wissenschaftler indes vornehm zurück, man denke lieber in Portfolien. „Uns geht es vielmehr darum, Muster im Markthandeln zu erkennen, bei denen bei Analyse großer Datensätze Vorteile für die Bildung eines Portfolios entstehen könnten“, so Bank. „Wir versuchen statistische Muster zu erkennen“, bestätigt Lawrenz. „Statistik ist hierbei rational, wir lassen uns dabei nicht von irgendwelchen Gefühlen oder kurzfristigen Empfindungen und Marktstimmungen lenken.“

Manche auch wissenschaftlich gut dokumentierte Börsenphänomene, beispielsweise der sogenannte Momentumeffekt, verheißen zwar auf dem Papier einen fixen Gewinn, lassen sich unter Berücksichtigung der Transaktionskosten aber dann doch nicht wirtschaftlich realisieren und bleiben daher von eher akademischem Interesse, so die Professoren. In jedem Fall steckt hinter Innfoliolytix und den Protagonisten eine ganze Portion wissenschaftlicher Ehrgeiz und auch Ethos und Integrität aus dem Wissenschaftsbetrieb. „Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind uns sehr wichtig“, wiederholt Matthias Bank. Man glaubt es ihm aufs Wort.

Text & Fotos: Marian Kröll

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