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Life

Stall statt Disco

3.5.2023

Wer vom Obermooshof auf Steinberg schaut, der versteht, warum Anna Moser diesen Arbeitsplatz gegen keinen anderen tauschen möchte. Selbst wenn die Arbeit in der Landwirtschaft hart ist. Besonders an dieser Situation: Anna ist erst 22 Jahre alt. Doch sie ist fest entschlossen, den elterlichen Hof zu übernehmen und erfolgreich zu führen. Ihre Begeisterung und ihre Überzeugungskraft sind dabei durchaus ansteckend.

Nach der Matura an der fünfjährigen Landwirtschaftsschule in Kematen nahm Anna Moser zunächst einen Bürojob an, der ihr allerdings nicht sonderlich gefiel. Nach einem halben Jahr kündigte sie und hatte bereits eine neue Stelle in Aussicht. Doch dann kam Corona, aus der neuen Arbeit wurde nichts. Stattdessen stellten sie die Eltern auf dem heimischen Hof an, damit sie nicht „Stempeln gehen“ musste. Ein Glücksfall, wie sich herausstellte, sagt Anna rückblickend: „Gott sei Dank! Heute frage ich mich, wieso das nicht schon viel früher klar war, dass ich das mache.“ Immerhin sei sie immer gerne in den Stall gegangen, habe eine Liebe zu den Tieren entwickelt. Im Fasching habe sie sich als Sechsjährige als Kuh verkleidet. Noch Jahre später selbst als sie längst aus dem schwarz-weiß gefleckten Kostüm herausgewachsen war, habe sie es getragen. Das Handy, das aus der Tasche von Annas Jeans herausschaut, hat ebensolche schwarz-weißen Flecken wie einst die Faschingsverkleidung.


200 Jahre Familientradition

Heute ist Anna Moser offiziell „Betriebsführerin“ am Obermooshof, ihre Eltern sind in Pension. In einem Jahr soll sie Besitzerin werden und in zwei Jahren wird die Hofstatt, die bis ins 15. Jahrhundert zurückgeht, ein Erbhof werden. Dann bewirtschaftet Familie Moser ihre Landwirtschaft seit 200 Jahren. Diese Tradition verpflichtet.

Annas Schwester und ihr Bruder helfen zwar gerne aus, zum Beruf wollten sie die Landwirtschaft allerdings nicht machen. Hätte Anna den Hof nicht übernommen, hätte man ihn dennoch nicht aufgegeben. Da war sich die ganze Familie einig, sagt sie: „So etwas gibt man nicht aus der Hand, da hätten wir eine andere Lösung gefunden. Vielleicht hätten Kinder in der nächsten Generation ja die Landwirtschaft machen wollen.“ Doch jetzt stellt sich diese Frage ohnedies nicht, denn die junge Frau hängt sich voll ins Zeug. Derzeit ist der Hof ein Mastbetrieb für das Tiroler Almrind mit rund 30 Stück Vieh, sie würde aber gerne wieder auf Milchwirtschaft umstellen und mehr Tiere haben. Bis es so weit ist, wird fleißig optimiert.

Harte, aber lehrreich

Wenn Anna redet, spricht die absolute Fachfrau: Sie kennt sich mit den verschiedensten Arten von Belüftungsanlagen und Erntemaschinen ebenso aus wie beim Fleisch- und Milchpreis. Man merkt ihr die fundierte Ausbildung an der Landwirtschaftsschule an. Am meisten habe sie aber bei den verpflichtenden Praktika gelernt, sagt Anna: „Besonders das Arbeiten. Ich war 14 Wochen in Schweden in einem großen Betrieb. 13 Wochen haben wir über die viele Arbeit geschimpft, in der 14. Woche waren wir traurig, dass wir wieder heimfahren mussten. So eine Zeit vergisst man nie wieder.“ Vielleicht empfindet sie trotz ihrer zierlichen Statur deshalb heute die Arbeit daheim nicht mehr als solche: „Wenn der Stall voll belegt ist, brauche ich täglich vier Stunden für die Stallarbeit. Aber das läuft einfach so mit, das ist nicht Arbeit für mich.“ Das Leben, das junge Menschen ihres Alters gewöhnlich führen, das gibt es für Anna Moser nicht: „Wenn ich ausgehe, kann ich nicht sagen, ich komme halt irgendwann heim oder übernachte bei Freunden. Ich muss in der Früh im Stall sein.“ Sie und ihr Freund hätten schon gescherzt, sie würden „halt schon langsam alt“.

Neben der Landwirtschaft im Tal bewirtschaftet die Familie im Sommer die Schönjochalm auf 1.292 Metern. Ihre Mutter ist fix auf der Alm, Anna oder ihr Vater fahren fast täglich hinauf. Dort oben befinden sich die Tiere auf Sommerfrische, Gäste bekommen bei der einfachen, urigen Hütte Getränke und eine kleine Jause. Im Winter führen die Mosers außerdem die Skihütte am kleinen Steinberger Lift. Und sollte dort nichts zu tun sein, sind immer noch 30 Hektar Wald vorhanden. „Die Arbeit geht nicht so schnell aus“, lacht Anna.

Nie mehr ohne Viecher

Sollten all ihre Pläne nicht so aufgehen, wie sie sich das vorstellt, wird Anna Moser wieder irgendwo einen Job finden. Aber eines ist für sie sonnenklar: „Ohne Tiere könnte ich es mir nicht vorstellen. Und wenn ich die Landwirtschaft nur als Hobby mache.“ Einstweilen kann davon keine Rede sein, im Gegenteil. Die junge Landwirtin ist überzeugt, dass langsam ein Sinneswandel eintritt und der Stellenwert ihres Berufsstandes wieder mehr geschätzt wird: „Bauern werden immer gebraucht werden, egal ob sie Tiere haben, Gemüse anpflanzen oder einen Wald bewirtschaften. Denn jeder Mensch isst jeden Tag.“



Text: Uwe Schwinghammer

Fotos: Andreas Friedle

Aus: Seezeit Sommer 2023


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