Legoland. „Ja, in unserer Wohnung gibt es überall Lego“, sagt Katka Koncal. Und sie blickt schmunzelnd rundum. Drei Söhne im Alter von elf, acht und drei Jahren sind starke Multiplikatoren für die bunten Spielzeugklassiker, die schon lange zu hochkomplexem Technikbasteln reizen. Ein schwarzer Lego-Bolide steht denn auch auf einer Fensterbank. „Der gehört Dano“, sagt Katka. Wieder muss sie lächeln, meint sie damit doch nicht etwa den ältesten Sohn, sondern ihren Mann Daniel Koncal, der vielen Tiroler*innen als ehemaliger Spieler bei den Hypo Tirol Alpenvolleys Haching bekannt und auf profisportlichen Wegen auch dafür verantwortlich ist, dass die Familie in Kematen nahe Innsbruck Wurzeln geschlagen hat.
Die Wohnung ist wunderbar mit Licht durchflutet und dadurch fast perfekt ausgeleuchtet. „Fotografiert zu werden, ist komisch“, meint Katka. Natürlich meint sie das, ist ihre Position doch so gut wie immer auf der anderen Seite der Linse. Am Drücker quasi. Denn Katka Koncal ist Fotografin. Als Meisterin der Hochzeitsfotografie tourt sie regelmäßig zu den romantischsten Plätzen Europas, zu Locations, an denen Hochzeitspaare aus aller Welt den schönsten Tag ihres Lebens zelebrieren. Mit Tuscany, Provence, Lake Como, Prague und Innsbruck ist der geografische Hochzeitsbogen, den Katka auf ihrer Homepage nennt, recht weit gesteckt. Sehnsuchtsregionen sind’s. Allesamt very special. Katka: „Meistens kommen die Kunden aus den USA oder Asien. Für sie ist es etwas ganz Spezielles, in Europa zu heiraten.“
Ist es ja auch. Umarmt vom Flair der Toskana, dem Lavendelduft der Provence, der einzigartigen Berg-Wasser-Sonne-Mischung des Comer Sees, den pittoresken Türmen der tschechischen Hauptstadt oder dem szenischen Wunderland Tirols lässt sich der Bund fürs Leben echt einzigartig schließen. Nicht minder einzigartig hält Katka die wichtigsten Momente für die Ewigkeit fest.
Geniales Team
Erstaunlicherweise sind Hochzeiten in Europa vergleichsweise günstig. Ein Luxus bleibt es dennoch. Und für ebendieses Luxury-Segment in der vielfältigen Hochzeitsfotografie-Branche hat sich Katka ganz bewusst entschieden. Seit sie begonnen hatte, sich mit ihrer Kamera anzufreunden und immer intensiver ein geniales Team zu bilden, waren es Hochzeiten, die sie reizten. Nicht Landschaften oder Architektur, nicht Porträts, Sport oder Tiere. Nein, Hochzeiten. Warum denn? „Es sind die Emotionen. Alles ist schön. Alle sind glücklich. Du hast einen ganzen Tag für die Geschichte. Und dann die Liebe“, sagt Katka. Ja, die Liebe.
Sie selbst hat die Liebe wie ein Blitz getroffen. Im nordfinnischen Rovaniemi, der nordlichternden Hauptstadt von Lappland und offiziellen Heimat des Weihnachtsmannes. Was kann da noch schiefgehen? „Liebe auf den ersten Blick. Ja, wirklich“, erzählt Katka. Es waren ein paar herrliche Zufälle aus dem großen Geschenkesack des Schicksals, die dazu führten, dass Katka und Daniel zur selben Zeit an einem der wohl bizarrsten Nord-Orte Europas gelandet waren. 2008 war das. Daniel war als Profi-Volleyballer in die finnische Liga gewechselt – nach Nordfinnland. Katka hatte nach einem Jahr als Au-pair in den USA in Prag Internationale Beziehungen studiert und das Erasmus-Programm hatte sie nach Rovaniemi geführt. „Dano war der einzige Slowake. Ich die einzige Tschechin. Wir sprechen dieselbe Sprache. Es war ein Traum“, so Katka. „Das war der Anfang von allem.“
Von ihrem gemeinsamen Leben auf alle Fälle, das sie erst mal nach Prag, Katkas geliebter Heimatstadt, ziehen ließ und bald zum ersten Mal nach Innsbruck. „Bis letztes Jahr war Dano Profi-Volleyballer und wir sind echt viel herumgekommen“, sagt Katka. Profisportler in Mannschaftssportarten haben oft recht bewegte Leben. Vor allem, wenn sie herausragend sind. Das war Daniel Koncal auf jeden Fall. Viele große Teams wollten ihn „haben“ und Katka begleitete ihn zu seinen von Trainings und Spielen geprägten Kurzzeitheimatorten. „Die Volleyballsaison war immer von August bis April“, erzählt sie. Zwischen den Saisonen lebte die 39-Jährige in Prag bei ihren Eltern – vor allem, nachdem sie zum ersten Mal Mama wurde. Während der Spielzeiten lernte sie die schönsten Plätze von Tirol, Slowenien, Italien und Frankreich kennen. Intensive Ortsbekanntschaften, an die sie später anknüpfen sollte. „Dano und ich sind seit 14 Jahren verheiratet. Nachdem Daniel, unser erster Sohn, geboren war, sind wir für zwei Jahre nach Paris gezogen“, sagt Katka. Paris wurde zum Gamechanger für ihr Leben. Denn in Paris wurde ihre Liebe zur Fotografie geboren.
Durch neue Augen
Daniel hatte Katka eine Kamera geschenkt und bald dachte sie sich, „wenn ich schon eine Kamera habe, sollte ich lernen, wie das funktioniert“. Das tat sie. Und wie. Katka lernte die Funktionen kennen, die Spielarten und das Licht als immer genialen visuellen Katalysator. In gewisser Weise lernte sie mit neuen Augen zu sehen und der Sucher wurde zur Brille, durch die sie die Welt betrachtete. Anfangs fotografierte sie so viel und so viele wie möglich – Sportler*innen, Familien und bald schon Hochzeiten – ja, Hochzeiten ohne Ende. „Ich war damals zwischen 27 und 28 Jahre alt und wir hatten viele Freunde, die heirateten. Die Freunde hatten wieder Freunde, die heirateten. Es war wie ein Bumerang, Learning by Doing, eine große Schule. Hochzeiten wurden mein Ein und Alles“, so Katka.
Ein Ein und Alles, das für Profifotograf*innen eine Art Königsdisziplin darstellt, weil sich ein Hochzeitstag nicht wiederholen lässt, immer einzigartig ist und alle wichtigen Momente eingefangen beziehungsweise festgehalten werden wollen. Vor allem, wenn das Brautpaar auch für die Erinnerungen an den entscheidenden Tag tiefer in die Taschen greift, ist ein „Oh verpasst, sorry“ keine Kategorie. „Ich habe immer einen Second Shooter dabei – nicht nur für den zweiten Blick, sondern vor allem als Backup. Ich habe es noch nie gebraucht, aber das ist ganz wichtig“, erzählt Katka und lässt den fokussierten Stress erahnen, der so einen Hochzeitstag prägt.
Bis zu 15 Stunden ist sie da auf den Beinen. Stets mit zwei Kameras um den Hals, die abwechselnd gezückt werden. Zum Essen keine Zeit – nicht mal für den Gedanken daran. Jeder einzelne Gast muss auf dem Bild sein – und das nicht irgendwie, mit Grimassen oder geschlossenen Augen etwa, sondern richtig schön. In Sekundenschnelle müssen Aktionen und Lichtsituationen richtig eingeschätzt werden. Es ist ein hochkomplexes Zusammenspiel zwischen dem zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, dem Erkennen und der Technik. Nichts lässt sich wiederholen. Schon gar nicht die Zeremonie mit dem Kuss, dem absoluten Höhepunkt des Tages. „Das sind die stressigsten Momente, da geht’s klack-klack-klack-klack. Nach der Zeremonie atme ich kurz durch, aber dann geht’s noch acht Stunden weiter“, sagt Katka. „Eine Hochzeit ist wie ein Marathon. Am nächsten Tag bin ich total kaputt.“
Das große Wow
Trotz der Erschöpfung sendet sie innerhalb von 24 bis 48 Stunden eine erste kleine Fotogalerie an das Brautpaar. Gut möglich, dass die meisten Frischvermählten dann erst begreifen, welch schönes Fest das war, sind sie doch am Hochzeitstag selbst viel zu aufgeregt, zu beschäftigt oder liebeshigh, um die Pracht erfassen zu können. „Ich will die Fotos natürlich selbst auch gleich sehen. Die Paare sind aber immer superhappy, wenn sie die ersten Bilder bekommen. Da kommt immer das große Wow“, weiß Katka.
Klack-klack-klack-klack – von den durchschnittlich rund 4.000 Fotos, die sie während einer Hochzeit „schießt“, schaffen es rund 700 in die enge Wahl. Mit Auswahl und Bearbeitung ist die Fotografin dann mindestens eine Woche beschäftigt und wenn auch das Album gestaltet und auf dem Honeymoon-Weg zum jungen Ehepaar ist, ist der Auftrag beendet.
Zehn Mal im Jahr schafft beziehungsweise macht sie das. Und zwar derart herausragend, dass die Vogue Italia 2024 ein Foto Katkas gleich zweimal veröffentlichte. Auf Hochzeiten spezialisierte Magazine sind immer daran interessiert, ihre Leser*innen mit Fotos zu inspirieren. Dazu hat Katka schon vielfach beigetragen, doch diese bekannteste und einflussreichste Modezeitschrift ist eine andere Kategorie. Es ist eine Auszeichnung für Models, Modeschöpfer*innen und Fotograf*innen gleichermaßen, wenn ihre Arbeit in der Vogue veröffentlicht wird. „Das war eine superschöne Hochzeit in Prag und ich dachte, dieses eine, wirklich gelungene Foto sende ich an die Vogue“, erinnert sie sich. Alle, mit denen sie darüber gesprochen hatte, meinten, dass das nicht funktionieren könne, weil die Vogue unaufgefordert zugesandte Bilder nicht beachte. Katka war anderer Meinung, schickte das Bild und ihre Intuition wurde belohnt. „Ich kann auf meine Intuition vertrauen“, weiß sie. Weil sie das weiß, vertraut sie auch auf ihre ganz persönliche Zukunftsprognose: „Ich glaube, ich werde noch fünf Jahre Hochzeiten fotografieren, dann ist Schluss, und das ist auch fein so.“
Den klaren Cut für die berufliche Zukunft begründet Katka unter anderem mit dem extremen Energielevel, den eine Hochzeit dieser Kategorie erfordert. Ein fotografischer Spitzensport. „Hinzu kommt, dass ich mich im Alter von 45 Jahren besser mit den Eltern verstehen werde als mit dem Brautpaar. Sie sind es aber, mit denen du deine Energie teilen musst“, erklärt sie weiter. Dass dabei keine Wehmut spürbar wird, liegt wohl auch daran, dass sie sich um ihre berufliche Zukunft keine Sorgen macht. Katkas Studium und weitere Ausbildungen – letztes Jahr absolvierte sie beispielsweise eine Coaching-Ausbildung in Prag – öffnen ihr zahlreiche berufliche Türen und Möglichkeiten. Vorerst wird Katka aber noch Spaß daran haben, Paare aus aller Welt auf deren entscheidenden Schritten in das gemeinsame Leben zu begleiten – an den schönsten Plätzen Europas, von denen für sie die Villa del Balbianello der schönste ist. „Da würde ich sehr gerne noch eine Hochzeit fotografieren“, sagt sie.
Die berühmte Villa am Comer See ist in jeder visuellen Sicht ein Gustostück. Nicht nur für Hochzeiten. Auch Filmen, wie Casino Royale oder Star Wars – Episode II, diente sie als Kulisse. Der Angriff der Klonkrieger löst im Männerhaushalt Katkas möglicherweise mehr Applaus aus als die romantischen Stunden rund um den ersten Kuss. „Sie sind alle super“, zeigt Katka ihre Begeisterung für ihre Jungs ganz offen. Die großen wie die kleinen, die sich in Tirol genauso zu Hause fühlen, wie in Prag, wo die Familie seit letztem Jahr ein eigenes Heim besitzt. Das Jahr 2024 brachte viele gute Veränderungen für die Familie. „Dano ist, seit er seine Profikarriere beendet hat, nicht mehr unterwegs. Er arbeitet jetzt als Trainer bei CrossFit Innsbruck. Unser Ältester besucht die internationale Klasse im AGI, der Mittlere die Volksschule und der Jüngste den Kindergarten in Kematen“, erzählt Katka – und meint: „Solange wir alle so happy sind, bleiben wir hier.“ Hier, im Legoland, wo genau das beeindruckt, was für Katkas Job unerlässlich und für sie auch die treibende Kraft ist: Licht und Liebe.
Text: Alexandra Keller
Fotos: Isabelle Bacher, Katka Koncal