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Life

Im Flausch-Rausch

17.4.2023

Die Milchwirtschaft hat Klaus Mair vor ein paar Jahren aufgegeben, was jedoch nicht heißt, dass auf seinem Hof im Vomp heute keine Tiere mehr wohnen. „Mein Sohn Maximilian hat Ziegen und sein Onkel hat im versprochen, er dürfe damit eine Weide bewirtschaften. Mit sechs Zwergziegen kommt man allerdings nicht recht weit“, erzählt er. Schafe sollten dabei helfen. „Wir wollen jedoch kein konventionelles Bergschaf, sondern etwas Besonderes“, so Mair. Und so sind vor einiger Zeit Wallisische Schwarznasenschafe auf dem Hof eingezogen.

Charakteristisch für die flauschigen Tiere sind ihre namensgebende schwarze Nase, die dunklen Ohren, Knieflecken, Sprunggelenke und Beinansätze, die Bewollung ist dicht und gekraust, außerdem tragen auch die weiblichen Tiere Hörner. Mair: „Die schaut man an und denkt: gewaltig!“

Familie Mair machte sich also auf die Suche und es hat eine ganze Weile gedauert, bis man einen Züchter fand, der ihnen welche verkaufen konnte. Die Nachfrage ist riesig. Über den Westendorfer Schafzuchtverein konnten sie schließlich drei erwerben, die gemeinsam mit den Ziegen den Hang bewirtschafteten. „Das hat hervorragend funktioniert“, blickt Mair zurück. Auch die Zucht übrigens, denn mittlerweile sind es derer 20 Tiere, die quasi zum Familienhobby geworden sind. Vor allem Maximilian geht voll darin auf und auch Tochter Eva ist tatkräftig mit dabei. Schaut man sich die süßen Wollknäuel an, kann man diese Leidenschaft vollumfänglich nachvollziehen.

Genügsam

Das Wallisische Schwarznasenschaf stammt – man kann’s erahnen – original aus dem schweizerischen Wallis und ist generell eine sehr genügsame Rasse. Es ist vor allem für die Beweidung von Almflächen im Einsatz, auch wenn jene der Mairs heute das ganze Jahr über im Tal bleiben. Beutegreifer haben in der Vergangenheit zu großen Schaden angerichtet. Nichtsdestotrotz schaut man bei den Züchtungen darauf, dass die Schafe die klassischen Merkmale eines Tieres behalten, das ursprünglich fürs Hochland gemacht ist: So dürfen sie nicht zu groß werden, müssen kompakt bleiben und einen guten Tritt haben. Im Fall der Schwarznasenschaf kommen noch die auffälligen Flecken dazu, die sich ausschließlich an den dafür vorgesehenen Plätzen befinden dürfen. Und ja, auch das lässt sich tatsächlich züchterisch beeinflussen.

Rund 70 bis 80 Prozent der Gene werden übrigens vom Widder vererbt, deshalb ist er für die Zucht von ganz besonderer Bedeutung. Um die besten, schönsten, stärksten und supersten Widder zu finden, finden regelmäßig Ausstellungen statt, an denen sämtliche Zuchtwidder des Landes zusammenkommen, bewertet, vermessen und gekört werden. Im heurigen Frühjahr waren 48 Tiere dabei, in Summe gibt es wohl noch zehn, 15 Exemplare mehr.

Zweimal jährlich werden die Schafe geschoren und die Wolle weiterverarbeitet und ja, die Tiere werden – wenn sie nicht zur Zucht geeignet sind – auch zum Nahrungsmittel. Die Filetteile werden gegessen, der Rest unter anderem zu Boxerln verarbeitet, die gut angekommen sind. Für die Kids ist das nicht immer einfach: „Für Eva ist das sehr schwierig, bei Maximilian geht’s. Letztlich ist das Schaf ein Nutztier und unter diesen Gesichtspunkten versuche ich das auch den Kindern zu vermitteln.“ Dennoch kann es auch beim Verkauf eines Tieres durchaus emotional werden, denn die Bindung zum Tier ist da: „Wenn die Schafe im Winter im Stall stehen, sind wir oft bei ihnen und reden mit ihnen. Sie sind ein sehr guter Ausgleich zum Alltag und geben einem irrsinnig viel zurück.“

Freundliche Spaziergänger

So richtig tierisch geht es auch am Plattnerhof der Familie Steinlechner am Umlberg in Terfens zu. 25 Kühe geben Milch, dazu kommen Geißen, Ponys und Hasen, Laufenten, 30 bis 40 Hennen sowie zahlreich Katzen. Und Filou, Gustav und Konrad – zwei Alpakas und ein Lama. Die waren nicht geplant, das hat sich so ergeben.

Wie so oft ist es auch hier der Zufall, der die schönsten Geschichten schreibt. „Ein Viehhändler hat uns gefragt, ob wir nicht ein Lama und ein Alpaka nehmen möchten“, erzählt Andreas Steinlechner. Eigentlich wollten sie das nicht, haben es aber doch getan. Und kaum wo könnten es Tiere wohl schöner haben als hier oben in der absoluten Ruhe und Weite. Der Hof ist ein paradiesisches Kleinod für Mensch und Tier. Deshalb ist es auch nicht weiter schlimm, dass Familie Steinlechner anfangs keine Ahnung hatte, was mit den Tieren zu tun ist. Wohlfühlen konnten sie sich hier von Beginn an, auch wenn man sich erst langsam aneinander gewöhnen musste. „Wir haben anfangs ganz primitive Zäune gebaut und ein Weideband gespannt. Da sind sie uns immer ausgebüchst“, erzählt Mutter Rosemarie. Konkret: Die Tiere sind einfach gemütlich wegspaziert, denn schnell sind sie in den seltensten Fällen. So waren sie auch flugs wieder eingefangen. Das darauffolgende Stahlgerüst mit Plane hat der Schnee des Winters zusammengedrückt und das eigens angeschaffte Tipizelt war „zwar super, aber zu klein. Da hatte nur einer drin Platz“. Es war ein ständiges (Aus-)Probieren und Lernen und schlussendlich ein Klüger-Werden, denn heute leben die Tiere – mittlerweile zu dritt – hier, als wären sie immer schon da gewesen. Es wurde aus- und umgebaut, sogar mit eigenem gemauerten Tunnel hin zur Weide, der bei schlechtem Wetter gerne auch als Unterschlupf genutzt wird. „Wir mussten echt viel lernen“, sagt Andreas. „Die Tiere sind irrsinnig klug und haben es teilweise sogar geschafft, die Zäune zu öffnen und weg waren sie.“

Neugierig, aber schüchtern

Die anfänglichen Herausforderungen tun der Freude an den Tieren keinen Abbruch. Im Gegenteil. Irgendwie scheint man zusammengewachsen zu sein. „Die drei sind sehr viffe und neugierige Tiere, nur mit dem Anfassen haben sie es nicht so“, meint Andreas. Natürlich lassen sie sich streicheln, Freude scheinen sie damit allerdings nur mäßig zu haben. Es scheint ein wenig ein Fehler der Natur, Alpakas ein flauschiges Häubchen aufgesetzt zu haben, das geradezu dazu einlädt, seine Finger darin zu vergraben. Sei’s drum: Böse oder gar aggressiv werden die drei nicht. „Es sind in der Tat sehr gemütliche Tiere“, sagt Rosemarie. „Sie haben ihre ganz eigene Art, sind neugierig und trotzdem zurückhaltend. Sie kommen zwar her, bleiben jedoch vorsichtig, wenn man sich ihnen nähert“, ergänzt Andreas.

Selbst wenn die drei ein wenig schüchtern anmuten, sind sie durchaus soziale Tiere. Und perfekte Begleiter auf einem Spaziergang, den Andreas gerne mit Gästen der hauseigenen Ferienwohnungen oder auf Anfrage unternimmt: „Gustav kannte das schon, bevor er zu uns kam, Filou auch. Bei Konrad war es anfangs ein bisschen schwierig, doch jetzt geht auch er ohne Zögern mit.“ Einzige Voraussetzung: Hektik darf keine aufkommen. Ist man als Mensch ungeduldig oder unruhig, kann es passieren, dass sich die Tiere keinen Meter bewegen. Selbst aufgeweckte Kinder entwickeln bei den Alpakas und Lamas eine gewisse Gelassenheit, allein deshalb, weil die Tiere von sich aus eine angenehme Ruhe ausstrahlen. Wenn sie an der Leine neben einem hertapsen, spürt man sie kaum und ist dennoch gezwungen, den eigenen Schritt zu verlangsamen. So ist ein Spaziergang perfekt, um herunterzufahren, zu entschleunigen, wie man es heute nennt. Und wo könnte das besser gehen als in solch idyllischer Umgebung?!

Text: Marina Bernardi

Fotos: Tom Bause

Aus: Dahoam Sommer 2022








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