Die Musik liegt bei Franz Hackl wohl irgendwie in der Familie. Schon der Vater spielte bei der Musik, auch alle vier Buben – darunter der junge Franz – gingen dazu, die Schwester war fast folgerichtig Magedenterin. Mit 14 Jahren begann Franz Hackl eine Ausbildung zum Instrumentenmacher, ging in die Musikschule und wurde in den 1950er- bis 1980er-Jahren zu einem der führenden Solisten im Blasmusikbereich. Er ist einer, der viel zu erzählen hat. Und das gerne tut.
Spielen, was man will
Musik begleitet Franz Hackl sein Leben lang – auch und vor allem während seiner Militärzeit: „Das Kasernenleben war nicht das meine und wenn sie mich bei der Militärmusik nicht genommen hätten, hätte ich meine neun Monate abgeleistet und wäre gegangen. So bin ich sieben Jahre geblieben.“ Er versuchte sich in dieser Zeit auch am Konservatorium. Sein Lehrer hätte ihn infolgedessen gerne als Berufsmusiker gesehen, Franz Hackl sich selbst nicht. „Ich hab so gern die Trompete geblasen, konnte mir aber nicht vorstellen, 30 Jahre lang irgendwo in einem Graben zu sitzen. Da verliert man doch irgendwann die Lust. Ich hab bis zum Schluss gern gespielt, weil ich eben spielen konnte, was ich wollte. Mein Bub ist ganz der gleiche. Der ist ein fantastischer Musiker, wollte sich aber auch nie binden“, erzählt der Senior. Also hat er während des Militärs seine Meisterprüfung zum Instrumentenbauer gemacht: „Mir hat es immer am Besten gepasst, wenn ich mein eigener Herr war.“
Dennoch sollte in der Zeit der Militärmusik noch etwas anderes, ganz Besonderes seinen Ursprung haben. Die Hackl-Trompete nämlich, deren offensichtlichstes Merkmal der nach oben gebogene Schalltrichter ist und die eigentlich aus einer Not geboren wurde. „Als wir Trompeter zu spielen begannen, meinte der Chef, wir sollen die Instrumente doch ein bisschen nach oben heben, damit die Zuhörer die Trompete nicht nur hören sondern sie auch sehen können. Dann hab ich mir gedacht, biege ich sie vorne einfach auf“, so Franz Hackl, der dafür zu jenem Instrumentenmacher ging, der ihm das Handwerk damals beibrachte. „Als ich zur nächsten Probe kam und gespielt hab, hat das dem Chef gut gefallen.“ Das war um das Jahr 1960, als bei den meisten Konzerten noch ältere Musiker zugange waren, die das neue Modell anfangs ganz generell gar nicht gut fanden. „Nach einiger Zeit haben sie aber nichts mehr gesagt und ich musste allen Kollegen bei der Militär- aber auch der Dorfmusik die Trompeten aufbiegen.“ Heute sieht man die Modelle kaum mehr auf offiziellen Auftritten, auch wenn schon viele versucht haben, Franz Hackl seine erste gebogene Trompete abzukaufen. Vermutlich deshalb, weil er damit zahlreiche Aufnahmen eingespielt hat. „Aber ich geb sie nicht her“, sagt er bestimmt.
Anders zu spielen oder zu bedienen sei die Hackl-Trompete nicht. „Es hat keinen Vorteil, aber auch keinen Nachteil“, findet Franz Hackl sen., sein Sohn, international bekannter Jazzmusiker, sieht durchaus Unterschiede zu einer herkömmlichen Trompete und die sind nicht nur optischer Natur: „Es braucht zwar keine andere Technik, um sie zu spielen, aber durch die Biegung ist der Trichter näher am Ohr und man hört sich selbst direkter und damit ehrlicher. Das Spielgefühl ist ein anderes. Und natürlich schätzen es auch die Vorderleute in einer Gruppe, wenn man ihnen nicht direkt ins Ohr spielt. Letztlich war es eine kluge Entscheidung, die Trompete aufzubiegen.“
Große, kleine Welt
Dass Franz Hackl der Erfinder dieser Variante sei, hat sich ein paar Jahre nach der ersten Verbiegung allerdings als nicht ganz richtig herausgestellt, wenngleich er der erste war, der es in Europa gemacht hat. In Amerika war es der Jazzmusiker Dizzy Gillespie, der derartiges bereits 1957 probierte. Gewusst haben die beiden freilich nicht voneinander. „Ich war echt kurz enttäuscht, dass er auch so ein Teil hatte“, sagt Hackl Senior. Über die Gründe, warum Gillespie die Trompete nach oben bog, ranken sich die verschiedensten Geschichten. Das meiste dürften Mythen sein und die Wahrheit wohl ein gut gehütetes Geheimnis.
Was aber macht nun eine gute Trompete aus? „Jedes Blasinstrument muss einfach gehen, leicht in der Ansprache sein, damit man nicht so schnell müde wird, und der Klang muss stimmen“, so der Instrumentenbauer. Natürlich! Unterm Strich muss das Instrument zu seinem Musiker passen. So einfach ist das. Und doch so schwer. Seit vielen Jahren arbeiten Vater und Sohn, der den Großteil des Jahres in Amerika lebt, gemeinsam daran, dass Optimale und Beste aus jedem Instrument herauszuholen. Sie sind neugierig, entwickeln weiter, probieren Neues. Heraus kommen einzigartige Eigenbauinstrumente. Wie könnte es auch anders sein, wenn zwei Generationen von Blechblasinstrumentenbauern und Profitrompetern zusammenarbeiten? Jeden Wochentag verbringt Franz Hackl sen. nach wie vor in seiner Werkstatt in Schwaz. „Ich tu’s einfach gern“, sagt er.
Obwohl Franz Hackl senior und junior ihr gesamtes gemeinsames Leben auch beruflich verbunden sind, gab es bis dato nie Zwist. „Es ist echt schwer, mit Papa zu streiten“, findet der Sohn. Es herrscht ein liebevoller Umgang zwischen den beiden, der spür- und sichtbar ist. Stolz, Anerkennung, Respekt, getragen von der gemeinsamen Liebe zur Musik. „Ich wäre auch gern Jazzmusiker geworden“, so der Vater. „Aber vor 70 Jahren gab es noch keinen Lehrer, der es mir hätte beibringen können. Ich hab narrisch gern Tanzmusik gespielt und hätte auch gern improvisieren lernen wollen, aber es konnte mir keiner zeigen, wie das geht.“ Dieses Genre hat der Sohn übernommen, auch wenn er, wie er selbst sagt, der Blasmusik nach wie vor verbunden ist: „Mein Vater und ich arbeiten daran, die Instrumente und Spieltechniken von Kategorien zu befreien. Alles ist Musik. Unsere Kunden zeigen, dass mit einer Trompete alles möglich ist. Im Endeffekt geht es in der Musik um Emotion und Kommunikation, darum, dass man authentisch ist und das Publikum dir jeden Ton glaubt, den du spielst. Egal ob Volksweise, Jazz, Klassik oder Zeitgenössisches. Auch ich bin nach wie vor in der traditionellen Musik verhaftet und habe sie durch Jazz ergänzt nicht ersetzt. Ich halte es allerdings für einen Blödsinn, dass Musik als universelle Sprache bezeichnet wird. Musik hat ihre Dialekte, sie hat nur den Vorteil, dass sie völlig frei ist von äußeren Umständen, von Optik, Politik und Religion.“
Die Musik als großes Ganzes und doch höchst Individuelles zu zeigen, ist auch ein Anliegen des Schwazer Outreach Festivals, dessen Initiator Franz Hackl junior ist. Angefangen hat er 1993 mit dem internationalen Musikfestival: „Es geht darum, eine lebendige Musikszene zu schaffen. Für mich ist Musik ein verbindendes Element und das versuche ich zu leben.“ Das Festival ist über die Jahre stetig gewachsen und hat sich als qualitätsvolle Veranstaltung weit über Schwaz und Tirol hinaus etabliert. Die Academy als Teil des Festivals bietet dazu die Möglichkeit, in Form verschiedener Workshops in die Welt des Jazz einzutauchen. Viele heimische Jazzmusiker haben ihre ersten Versuche bei Outreach gestartet oder ihren Feinschliff bekommen. „Ein Festival allein nützt nichts, wenn es keine nachhaltige Wirkung hat“, ist Franz Hackl jun. überzeugt. Heuer von 3. bis 5. August ist es wieder so weit - weitere Informationen unter: www.outreachmusic.org.
Text: Marina Bernardi
Fotos: Andreas Friedle
Aus: Dahoam Sommer 2022