Gene sind Träger von Erbinformationen und Teil unserer DNA. Sie bergen unser Erbgut, also die Informationen für viele unserer menschlichen Merkmale und all unsere Stoffwechselvorgänge. Genetische Prädispositionen können sogar über sieben Generationen vererbt werden. Auch der Lebensstil unserer Vorfahren hat dabei einen entscheidenden Einfluss auf unsere Genregulation. Erklärt wird dies über die Epigenetik, ein Kofferwort aus Genetik und Epigenese, also der Entwicklung der Lebewesen. Epi bedeutet so viel wie „darüber hinaus“, Epigenetik steht also eine Ebene über der Genetik, sie ist unsere Software. Seit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms durch das Humangenomprojekt, von dem man sich erwartete, mehr als 100.000 Gene zu entschlüsseln, wissen wir, dass die Anzahl der ca. 22.500 erforschten Gene nicht ausreicht, um alle komplexen Vorgänge im Körper zu beschreiben. Der Code der Gene allein ist nicht alles, vielmehr ist es die Regulation der Gene, die von großer Bedeutung ist.
Aus dem Code eines Gens wird ein Protein gebaut, das bestimmte Funktionen im Körper übernimmt. Die Erbinformation für jedes Protein stammt dabei stets von einem unserer beiden biologischen Eltern. Man könnte nun daraus schließen, dass man gegenüber seinen Genen machtlos ist – weil vererbt. Dieses Dogma wurde für lange Zeit zur Grundlage der heutigen Medizin: Wir sind eine Art biochemische Maschine, die von unseren geerbten Genen kontrolliert wird. Heute weiß man, das war ein großer Fehler. Gene steuern nämlich nicht nur, sie werden auch gesteuert, und zwar über den eigenen Lebensstil. Signale aus unserer Umwelt haben Einfluss darüber, ob unsere Gene langsamer oder schneller, schlechter oder besser abgelesen, an- oder abgeschaltet werden – etwa durch unsere Ernährung, unser soziales Umfeld, Umweltbedingungen, Schlaf, Bewegung aber auch durch unsere Gefühle und Gedanken. Wir können also aktiv mitgestalten, Schwachstellen in unserem Körper auszugleichen und Stärken zu festigen.
Das Health Performance Institute im Menardi Center im Osten von Innsbruck ist als medizinisches Biohacking-Institut spezialisiert auf Epigenetik. „Seit Jahren weiß man, dass man seinen Genen nicht ausgeliefert ist. Der Spruch ‚Das sind halt meine Gene‘ zählt deshalb nicht mehr, weil man weiß, dass man rund 75 Prozent seiner Gesundheit tagtäglich epigenetisch selbst beeinflussen kann“, so Epigenetik Master Coach und Institutsleiterin Irina Juen. „In der Gesellschaft ist der Begriff Gesundheit noch häufig verknüpft als die Abwesenheit von Krankheit. Wir im Health Performance Institute beschreiben Gesundheit als einen Zustand, von umfassendem, körperlichem, mentalem und sozialem Wohlbefinden.“
Gute Zelle, schlechte Zelle
Vereinfacht beschrieben funktioniert die Genexpression sowie die Entstehung neuer Zellen derart, dass der Zellkern die Information bekommt, eine bestimmte DNA-Sequenz abzulesen. Dieser DNA-Abschnitt, also ein Gen, wird abgelesen und als Kopie in einen Boten der DNA namens mRNA übersetzt. Dieser Bote fungiert nun als Informationsträger des Codes. Schließlich wird dieser mRNA-Code in der Zelle abgelesen und es entsteht aus einer Kette von Aminosäuren jenes Protein, das benötigt wird. Es gibt viele verschiedene Zellen wie Haut-, Muskel-, Nerven- oder Leberzellen. „Auch wenn Krankheiten in seltenen Fällen rein genetisch bestimmt sind, gibt es etwas, dass das Auftreten von Krankheiten beeinflusst. Die Epigenetik begleitet uns auf diesem Weg. Sie lässt uns verstehen, wie wir diese Wahrscheinlichkeit beeinflussen können“, so Juen. „Wir haben eventuell Veranlagungen für Erkrankungen geerbt, aber ein bestimmter Mechanismus ist verantwortlich dafür, ob diese tatsächlich ausbrechen. Selbst schädliche Veränderungen können reversibel sein. Studien zeigen sogar, dass Psychotherapie die epigenetische Regulation, wie bestimmte Gene abgelesen werden, positiv verändert. Das bedeutet, bald wird der Erfolg einer Psychotherapie biologisch messbar sein. Körperliche Medizin wird mit Psychologie eins werden. Denn wenn die heutige Medizin versteht, dass ein Psychotherapeut auch molekulare Prozesse verändert, wird dies die ganze Medizin revolutionieren.“
Der Lebensstil beeinflusst die Genexpression also nachhaltig mit. Irina Juen vergleicht dies mit Farb- und Schwarz/Weiß-Kopien: Wenn der Körper in der Lage ist, die uns positiv beeinflussenden Gene abzulesen und die Schwachstellen stummzuschalten, entsteht die neue Zelle als eine detailreiche Farbkopie. Wenn das nicht der Fall ist, etwa weil wir uns dauerhaft schlecht ernähren, chronischem Stress oder psychischen Belastungen wie Leistungsdruck oder Mobbing sowie schädlichen Emotionen wie Angst, Wut oder Zorn ausgesetzt sind, schlecht schlafen oder uns zu wenig bewegen, beeinflussen wir unser Immunsystem negativ – man spricht dabei von Immunsuppression –, was zur Folge hat, dass unser Körper nicht mehr in der Lage ist, sein volles Potenzial auszuschöpfen. In diesem „Notlauf“ kann er keine Farbkopien mehr erstellen, sondern fertigt Schwarz/Weiß-Kopien, die auf Dauer das Risiko für Erkrankungen bergen. Die gute Nachricht: Die fehlerhaften Schwarz-Weiß-Kopien potenzieren sich nicht wie in Stein gemeißelt im Laufe der Zeit, sondern können mit der Optimierung des Lebensstils schrittweise behoben werden. Juen: „Das gute an der Epigenetik ist, dass wie unseren Genen nicht ausgeliefert sind. Wenn wir einen ungesunden Lebensstil beibehalten, wird unser Köper dauerhaft Schwarz/Weiß-Kopien erstellen, wenn wir unseren Lebensstil aber positiv verändern, ist der Körper in der Lage, über die Zeit wieder schöne Farbkopien herzustellen.“ Wir können dadurch im wahrsten Sinne zu einem „neuen Menschen“ werden.
Schon lange hält sich der Mythos, dass sich unser Körper alle sieben Jahre erneuert. Und wir uns als Mensch verändern. Tatsächlich hat die Forschung gezeigt, dass sich fast alle Körperzellen – Organe, Knochen, Haut – regenerieren oder erneuern, wenn alte Zellen sterben. Der Unterschied liegt lediglich im Lebenszyklus und der Wachstumsgeschwindigkeit. Vielfach dauert das sogar weit weniger lang als sieben Jahre. Manche erneuern sich komplett innerhalb kurzer Zeit, andere erholen sich nur geringfügig und über Jahre hinweg, andere indes bleiben in ihrem Urzustand. Doch egal, wie lange die Zellerneuerung unterm Strich dauert: Es sollten Farbkopien dabei herauskommen. „Wird eine schadhafte Zelle produziert, stirbt diese mit der Zeit ab und ist damit aus dem Körper verschwunden. Im nächsten Schritt kann man durchaus wieder gute Zellen produzieren. Das dauert zwar, ist durch die Optimierung des persönlichen Lebensstils jedoch machbar“, so Juen.
Hilfe zur Selbsthilfe
Ein gesunder Körper verfügt über ganz wunderbare Selbstheilungskräfte. Es ist eine Art Naturgesetz, dass sich der Körper von sich aus gerne in den besten Zustand (zurück)versetzt, was sich etwa bei Infekten gut beobachten lässt. Unser Immunsystem versucht, die Viren und Bakterien effektiv zu bekämpfen, um unseren Organismus wieder in Balance zu bringen. So funktioniert der Körper – wenn man ihn lässt. Durch einen ungesunden Lebensstil hindern wir ihn jedoch zusehends daran, seine Funktionen vollumfänglich zu erfüllen. „Epigenetik ist deshalb auch ein Stück weit Ursachenmedizin“, sagt Juen. „Wir suchen die Ursache des körperlichen Ungleichgewichts und versuchen, sie zu beheben. Viele Krankheiten oder auch Allergien und Unverträglichkeiten hängen damit zusammen, dass das Immunsystem nicht mehr in der Lage war, mit bestimmten Situationen richtig umzugehen. Wenn man weiß, woran es liegt, kann man aktiv gegenarbeiten und den Körper wieder in seine volle Leistungsfähigkeit und sein volles Potenzial bringen.“
Im Health Performance Institute schaut man mit Hilfe tiefgreifender Analytik-Methoden der funktionellen Medizin bis ins innerste der Zellstrukturen, um zu verstehen, wo die Probleme liegen und warum die Zellen nicht mehr auf ihrem vollen Energielevel arbeiten. Im Anschluss werden die Klienten auf unterschiedlichen Ebenen individuell begleitet – etwa in Form eines speziellen Epigenetik-Coachings, dessen Ziel die persönliche Lebensstil-Transformation ist, wobei man dabei sein Leben nicht zwangsläufig um 180 Grad drehen muss. Manchmal sind es größere, manchmal auch nur kleinere Stellschrauben, an denen es zu drehen gilt. „Man setzt für bestimmte Veränderungen nicht an allen Ecken und Enden zugleich an, denn wir wissen, wenn man an einem Zahnrad dreht, kommen auch andere in Bewegung. Damit wird ein Kreislauf in Gang gesetzt, der einen positiv verändert“, erklärt Irina Juen. Manchmal ist’s in der Tat auch aufwändiger. Das eigene Mindset zu verändern, ist kein Zuckerschlecken. „Man muss definitiv aus seiner Komfortzone heraustreten, das kann jedoch etwas sehr Gutes sein und neue Perspektiven eröffnen. Es ist ein wenig wie im Sport: Ein Trainer ist nicht dafür da, seine Athleten zu verhätscheln und jeden Tag Lob über Lob zu verteilen, sondern sie zielorientiert zu fordern und zu fördern, damit sie ihre Ziele erreichen“, sagt Juen, die selbst aus dem Triathlonsport kommt. Um den Körper zusätzlich zu unterstützen, stehen im Health Performance Institute verschiedene Möglichkeiten zur Wahl: von der Kryotherapie, bei der eine Temperatur von Minus 110 Grad in der Kältekammer für neue Energie und Regenation sorgt, über das Höhentraining IHHT, das unser vegetatives Nervensystem trainiert und unter anderem die Selbstheilungskräfte aktiviert, bis zu Detoxbädern und Infusionen. Neu ist die INUSpherese als echter Meilenstein innovativer Hightech-Medizin. Das spezielle Blutwäscheverfahren eliminiert abgelagerte Toxine und chronische Belastungen dauerhaft – und nebenwirkungsarm – aus dem Körper.
Im Health Performance Institute lernt man in der Tat viel über sich selbst, seinen Körper, aber auch seine Psyche. „Wir erstellen auf Basis der genetischen Prädispositionen sowie der integrativ-medizinischen diagnostischen Ergebnisse individuelle Empfehlungen zur Lebensstiloptimierung. Wir sollten jedoch generell mehr darauf schauen, dass die Menschen möglichst lange gesund bleiben und wissen, wie ihr Körper funktioniert und was in ihnen vorgeht“, sagt Irina Juen und nimmt dabei auch das Gesundheitssystem in die Pflicht. Prävention spielt im österreichischen System nach wie vor eine untergeordnete Rolle. „Man sollte nicht erst krank werden müssen, um eine tiefgreifende Diagnostik zu erfahren“, findet sie. Wir geben ihr Recht. Die Leistungen im Health Performance Institute sind Privatleistungen, generell sind umfangreiche und wirklich aussagekräftige (internistische) Gesunden-Untersuchungen meist privat zu bezahlen. Dabei wäre es auf Dauer doch besser – und langfristig kostengünstiger –, dass unser Körper möglichst lange Farbkopien fertigt.
Text: Marina Bernardi