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Geld

Abfall-Aktien

28.4.2025

Die Kreislaufwirtschaft, insbesondere die Segmente Recycling und Abfallentsorgung, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Diese Entwicklung wird von mehreren Faktoren getrieben: der wachsenden Weltbevölkerung, zunehmender Ressourcenknappheit, verschärften gesetzlichen Vorschriften (z. B. EU Green Deal, Circular Economy Action Plan) sowie einem steigenden Umweltbewusstsein in Wirtschaft und Gesellschaft. Recycling und Abfallwirtschaft zeigen sich robust gegenüber konjunkturellen Schwankungen und bieten stabile Wachstumschancen. Im Jahr 2022 wurden in den EU-Ländern im Schnitt 65 Prozent der angefallenen Verpackungsabfälle recycelt. Die Recyclingquoten variieren stark nach Materialien. Besonders hoch sind die Wiederverwertungsquoten bei Papiererzeugnissen, einschließlich grafischer Papiere und Verpackungen. Infolge eines rückläufigen Verbrauchs von Papier und Pappe bei gleichzeitig konstantem Papierrecycling innerhalb und außerhalb Europas stieg in Europa die Recyclingquote von 2022 auf 2023 von 71,1 auf 79,3 Prozent. Die Recyclingquote von Glasverpackungen lag in der EU im Jahr 2022 stabil bei knapp über 80 Prozent, während Kunststoff mit einer durchschnittlichen Recyclingquote von nur circa 41 Prozent noch deutliches Wachstumspotenzial aufzeigt. Bei Metallen liegt Aluminium in Europa (EU, UK, Schweiz, Norwegen und Island) mit einer Quote von 75 Prozent sehr hoch, während Stahl mit ca. 80 Prozent im Jahr 2022 noch besser abschneidet.

Herausforderung und Recyclingpotenzial

Die steigende Nachfrage nach seltenen Erden und strategischen Metallen wie Lithium, Kobalt oder Kupfer stellt eine zunehmende Herausforderung dar. Recycling bietet hier entscheidende Lösungen, um Ressourcenknappheit entgegenzuwirken. Kupferrecycling lag weltweit im Jahr 2020 lediglich bei einem Drittel, wobei Deutschland bereits eine Quote von 50 Prozent aufwies. Bei der Rückgewinnung von Lithium und Kobalt aus Batterien gibt es noch technologische Herausforderungen, auch wenn Unternehmen wie Umicore bereits deutliche Fortschritte gemacht haben. Im Bereich Kunststoffrecycling sind hingegen die technologischen Fortschritte erheblich. Das französische Unternehmen Carbios beispielsweise hat enzymatische Verfahren entwickelt, die PET-Kunststoffe vollständig in ihre ursprünglichen Bestandteile zurückverwandeln und somit endloses Recycling ermöglichen. Dies könnte einen Durchbruch in der Plastikmüllverwertung bedeuten. Auch bei der Rückgewinnung seltener Metalle aus Elektronikschrott gibt es Fortschritte: Aurubis nutzt hochentwickelte pyrometallurgische Verfahren, um Kupfer, Gold, Silber und weitere strategische Metalle effektiv zurückzugewinnen.

Prognosen zu Abfallwirtschaft und Recycling

Laut Schätzungen von Grand View Research hatte der globale Abfallwirtschaftsmarkt bereits 2022 eine Größe von 1.293,70 Milliarden US-Dollar. Auf den US-Markt entfiel dabei in etwa ein Viertel. Ein weiteres Viertel fällt auf die asiatisch-pazifische Region, wo die Wiederverwertung von Rohstoffen zunehmend zum Wettbewerbsfaktor wird. Der weltweite Markt für Abfallwirtschaft sollte von 2023 bis 2030 um 5,4 Prozent p. a. (CAGR) auf 1.966,19 Milliarden Dollar wachsen. Überdurchschnittliches Wachstum sollte dabei mit 5,6 Prozent p. a. (CAGR) die Region Nahost und Afrika generieren – so die Schätzungen von Grand View Research. Das Wachstum wird auf das zunehmende Bewusstsein für die nachhaltigen Vorteile und den Nutzen der Wiederverwendung und des Recyclings von Abfallstoffen zurückgeführt. Allerdings bremsen in Afrika noch fehlende Gelder und Infrastrukturen hier eine stärkere Forcierung der Abfallwirtschaft. In Lateinamerika sind wachsende Bevölkerung, Urbanisierung, Wirtschaftswachstum und Konsum die treibenden Kräfte. Segmentiert man den Markt nach der Art des Mülls, so lag weltweit der Anteil der Industrieabfälle bei 85,9 Prozent. Die schnelle Urbanisierung und Industrialisierung sind die Hauptfaktoren für die zunehmende Erzeugung von Industrieabfällen. Hingegen kleine lukrative Wachstumsnischen sind medizinische Abfälle und Elektronikmüll. Die Schnelllebigkeit der Branche durch die zunehmende Verkürzung von Innovationszyklen führt mit verkürzter Lebensdauer elektronischer Produkte zu einem höheren Elektroschrottaufkommen.

Betrachtet man die einzelnen Tätigkeitsbereiche der Abfallwirtschaft, so lag 2022 der globale Anteil der Abfallsammlung bei 62 Prozent (Quelle: Grand View Research). Diese umfasst die Trennung von Abfällen, das Be- und Entladen von Abfällen, die Auswahl eines geeigneten Bereichs, die Einrichtung dieses Bereichs für die Lagerung von Abfällen in einer Mindestentfernung von dem Ort, an dem die Abfälle anfallen, und die Wartung der Abfälle. Zweitgrößtes Segment ist die Entsorgung, gefolgt vom Transport. Das Entsorgungssegment umfasst Recycling, Verbrennung, Kompostierung, Mülldeponien und offene Ablagerung und sollte überdurchschnittlich wachsen. Besonders interessant wird in Zukunft der Recyclingmarkt: Laut The Brainy Insights sollte der weltweite Recyclingservice-Markt von 2021 bis 2030 um CAGR fünf Prozent p. a. auf 91,67 Millarden US-Dollar wachsen. Im gleichen Zeitraum sollte laut Straits Research der Batterierecycling-Markt um 7,1 Prozent p. a. (CAGR) auf knapp 19 Milliarden US-Dollar expandieren. Ein wichtiger Wachstumsfaktor für den gesamten Recyclingmarkt ist die zunehmende globale Abfallproduktion, die laut Weltbank bis 2050 um etwa 70 Prozent (gegenüber 2016) steigen könnte (Quelle: Weltbank). Strengere Umweltgesetze und internationale Abkommen wie das Pariser Klimaabkommen und die EU-Richtlinien für nachhaltige Verpackungen erhöhen zusätzlich den Druck auf Unternehmen, nachhaltige und recyclingfähige Produkte zu entwickeln. Weitere Wachstumstreiber sind steigende Rohstoffpreise, technologische Innovationen sowie zunehmende Konsumentenpräferenzen für nachhaltige Produkte. Ein besonders starkes Wachstum wird in den Bereichen Batterierecycling, Elektronikschrott, Kunststoff- und Textilrecycling erwartet.

Attraktive Aktien der Abfallwirtschaft

Die nachfolgenden Einzeltitel in Kombination stellen bereits eine Basisselektion für das Abfallwirtschaftsthema dar, wobei die Einzeltitelrisiken (Unternehmensrisiken) im Auge behalten werden sollten:

• Waste Management Inc.

Größtes Müllentsorgungsunternehmen Nordamerikas

Umsatz 2024: 22,06 Mrd. USD (+8,0 %)

Nettogewinn: 2,75 Mrd. USD (+19,2 %)

Waste Management ist ein Dauerbrenner am Aktienmarkt und liegt auf Fünfjahressicht knapp 127 Prozent im Plus (per 21. März). In den vergangenen sechs Monaten liegt das Plus über zwölf Prozent. Das solide Wachstum schlägt sich auch in hoher Cashgenerierung nieder: Der freie Cashflow stieg 2024 um 21,8 Prozent auf 2,32 Milliarden US-Dollar. Laut dem Schätzungskonsens unter finanzen.at rechnen Analysten für den Zeitraum von 2025 bis 2029 mit einem Wachstum des Gewinnes pro Aktie von 10 Prozent p. a, weshalb ein für 2026 geschätztes KGV von 26 bei einem Kurs von 224,75 USD niemanden erschrecken sollte.

• Republic Services Inc.

Zweitgrößter US-Anbieter für Abfallentsorgung

Umsatz 2024: 16,03 Mrd. USD (+7,1 %)

Gewinn: 2,04 Mrd. USD (+17,9 %)

Das Unternehmen zeichnet sich durch starke Ertragskraft aus und hat von 2021 bis 2024 den Free Cashflow von 1,52 auf 2,18 Milliarden US-Dollar gesteigert. Der Aktienkurs liegt auf Fünfjahressicht 226 Prozent im Plus. Die Wachstumsstory sollte sich laut den unter finanzen.at veröffentlichten Analystenschätzungskonsens weiter fortsetzen, und zwar mit 9,2 Prozent p. a. in den Jahren 2025 bis 2029. Allerdings ist bei einem Kurs von 233,34 USD das für 2026 geschätzte KGV mit 30,9 bereits etwas ambitioniert.

• Tomra Systems ASA

Führender Anbieter für Pfandrücknahmetechnologie

Umsatz 2024: 1,35 Mrd. EUR (+4,7 %)

Gewinn: 103 Mio. EUR (+7,3 %)

Das norwegische Unternehmen strebt bis 2030 ein Umsatzwachstum von durchschnittlich 15 Prozent p. a. an und die Rentabilität des eingesetzten Kapitals sollte 2030 bei über 18 Prozent liegen. Von 2020 bis 2024 lag das Wachstum des operativen Cashflows bei zehn Prozent p. a. Nimmt man die Analystenschätzungen unter finanzen.at, liegt das erwartete Gewinnwachstum/Aktie von 2025 bis 2029 bei 19,6 Prozent p. a., was auch mit den Zielen des Managements harmoniert. Somit ist bei einem Kurs von 14,05 Euro ein für 2026 geschätztes KGV von 23,8 akzeptabel.

• Carbios SA

Innovatives enzymatisches Kunststoffrecycling

Die Technologie des Unternehmens wird erst in den kommenden Jahren Geld einbringen. Erste nennenswerte Umsätze von 14 Millionen Euro erwartet der Analystenschätzungskonsens von MarketScreener für 2025 und einen Sprung auf ca. 52 Millionen Euro für 2026.

• Umicore SA

Weltweit führend im Recycling von Batterien

und Edelmetallen

Umsatz 2024: 14,85 Mrd. EUR (–18,6 %); rote Zahlen

Das Unternehmen hat seine Investitionsausgaben gekürzt und war 2024 bereits in der Lage, durch Rationalisierungsmaßnahmen das EBITDA um 100 Millionen Euro zu verbessern. Allerdings erforderten aktuelle Rahmenbedingungen im Batteriematerialgeschäft bilanzielle Vermögenswertanpassungen um minus 1,6 Milliarden Euro. Für 2025 erwartet das Management ein um Sonderposten bereinigtes EBITDA in der Bandbreite von 720 bis 780 Millionen Euro.

Achtung: Die Umicore-Aktie hat bis 21. März 2025 auf Fünfjahressicht bereits 72 Prozent an Wert verloren und befindet sich noch in einem Abwärtstrend. Eine charttechnische Bodenbildung sollte abgewartet werden.

• Aurubis AG

Europas führende Kupferhütte

Umsatz 2023/24: 17,14 Mrd. EUR (+0,4 %)

Gewinn: 416 Mio. EUR (+195 %)

Von 2019/20 bis 2023/24 konnte das operative Ergebnis je Aktie von 3,73 auf 7,66 Euro gesteigert werden und auch noch in den kommenden Jahren sollte das Unternehmen rentabel arbeiten können – so die Schätzungen der Analysten. Das für 2026 geschätzte KGV liegt auf Basis eines Kurses von 89,60 Euro bei 12,4 und sollten die Prognosen der Analysten eintreffen, würde sich bei gleichbleibendem Kurs der Wert bis 2029 auf 8 verringern.

• Waste Connections Inc.

Umsatz 2024: 8,92 Mrd. USD (+11,2 %)

Gewinn: 618 Mio. USD (–19 %)

Operativ ist das Unternehmen hochrentabel und für 2025 erwartet das Management eine Verbesserung der EBITDA-Marge um 80 Basispunkte auf 33,3 Prozent. Per Ende Oktober 2024 erbrachte die Aktie des Unternehmens auf Zehnjahressicht den 1,9-fachen Ertrag des S&P 500. Für die Jahre 2025 bis 2029 erwarten Analysten ein Gewinnwachstum von 11,6 Prozent p. a. Auf Basis eines Kurses von 189,32 US-Dollar liegt das für 2027 geschätzte KGV noch immer bei ambitionierten 27,7. Doch die Wachstumsdynamik des Unternehmens ermöglicht höhere Bewertungen.

Aktienalternativen

Breiter abgedeckt werden kann das Abfallwirtschaftsthema durch Fonds und ETFs. Interessante Alternativen sind etwa VanEck Circular Economy ETF (dieser 24 Positionen enthaltende ETF hat US-Werte mit 47 Prozent übergewichtet; die Top-3-Positionen sind Waste Management, Waste Connections und Republic Services) oder WisdomTree Recycling Decarbonisation UCITS ETF (Toppositionen sind Ameresco, Clariant, Clean Harbors und Purecycle Technologies). Ein Beispielfonds ist der Global Managers Platform – Active Recycling, der Unternehmen der Recyclingbranche enthält, eine Alternative wäre der Robeco Circular Economy D, der in nachhaltigen Unternehmen breiter aufgestellt ist, woraus eine etwas andere Portfoliozusammensetzung resultiert. Toppositionen sind NVIDIA, EssilorLuxottica, Cavo Industries (Gebrauchsgüter) und Compass Group (Hotels, Restaurants/Freizeit).


Text: Michael Kordovsky

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