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Life

Langsam kleidet besser

18.11.2022

Die Modeindustrie ist als Umweltsünder in Verruf geraten. „Noch nicht genug, finde ich“, sagt Modedesigner und Mirou-CEO Michael Baumgärtner, der in der Innsbrucker Innenstadt ein Modegeschäft betreibt. Nebst Eigenkreationen des Hauslabels Mirou, die von Baumgärtner und dessen Mutter Ruža designt und im eigenen Atelier gefertigt werden, führt dieser in seinem Shop noch diverse andere renommierte Designer aus aller Welt. „Aktualität und Mode fernab vom Mainstream“ will Baumgärtner bieten, die sowohl einzigartig als auch schlicht ist. Und eine gewisse Zeitlosigkeit. Genau daran gebricht es der immer schnelllebigeren globalen Modeindustrie wohl am meisten. Das ist nicht etwa ein unglücklicher Zufall, sondern eine ganz bewusste, milliardenschwere Strategie. Mode wird so inszeniert – und wohl auch produziert –, dass ihre Halbwertszeit immer kürzer wird.

FAST FASHION BY DESIGN

Kleidung ist zum veritablen globalen Umweltproblem geworden ist. Ganz konkret solche Kleidung, die nicht oft getragen wird, weil entweder von der Modeindustrie nach kürzester Zeit wieder suggeriert wird, dass sie nicht mehr fashionabel sei oder aber gar nicht öfter getragen werden kann, weil sie das qualitativ einfach nicht hergibt. Sollte einmal eine professionelle Reinigung notwendig werden, sind diese Kleidungsstücke als ökonomischer Totalschaden einzustufen, weil der ursprüngliche Kaufpreis niedriger lag als die anfallen- den Reinigungskosten. Nun braucht es nicht viel Fantasie, um festzustellen, dass das nicht nachhaltig sein kann. Billig und schnell produzierte Mode macht auch in Sachen Second Hand keine Meter, weil sie qualitativ meistens ungeeignet ist, um sie weiterzugeben. Nach Daten des Umweltbundes- amts landen in Österreich jährlich fast 222.000 Tonnen Textilabfälle im Müll. Nur etwa ein Fünftel davon wird über die Altkleidersammlung getrennt gesammelt, lediglich 17 Prozent wiederverwendet und recycelt. Des- halb wird besonders viel Fast Fashion am Ende ihres kurzen Lebens thermisch verwertet, wie es so schön heißt. Sie wird verbrannt.

SCHLECHTE BILANZ

Heute bestehen über 70 Prozent unserer Kleidung aus billigen Synthetikfasern. Über die Waschmaschine gelangen winzig kleine Partikel ins Abwasser, in die Meere, von dort in die Meerestiere und zurück zum Menschen. Nur eben nicht länger als Kleidung auf die Haut, sondern sie gehen über die Ernährung als Mikroplastik sprich- wörtlich unter die Haut. Mehr als ein Drittel des Mikroplastiks im Meer soll aus Textilien stammen.

Wer glaubt, dass mit dem Umstieg auf Kleidung aus Baumwolle alles gut wird, irrt. Die Ökobilanz eines Baumwollshirts ist nämlich auch alles andere als optimal, weil der Anbau viel Wasser verbraucht. Die Zahlen zum tatsächlichen Verbrauch variieren beträchtlich, so spricht das Internationale Baumwollsekretariat ICAC von 1.200 Litern pro Kilogramm Baumwolle, der WWF geht dagegen von 11.000 Litern aus. Die Wahrheit könnte irgend- wo in der Mitte liegen, wo sie so häufig anzutreffen ist.

Insgesamt sieht die Emissionsbilanz der schnellen Mode schlecht aus, verursacht die Modeindustrie doch weltweit mehr CO -Ausstoß als Luft- und Schifffahrt zusammengenommen. Über die vielfach katastrophalen Herstellungsbedingungen im globalen Süden – Stichwort Sweatshops – braucht man wohl auch kaum viele Worte verlieren. Die Modeindustrie mit ihren Big Playern bewirtschaftet erfolgreich das kollektive Streben der Menschen nach Individualität, nach dem Ausdruck oder vielmehr der Verlängerung der eigenen Persönlichkeit über schnell wachsende und wechselnde Garderobe.

GRÜNER ANSTRICH

Die globalen Modekonzerne unternehmen zunehmen- de Anstrengungen, sich ein grünes Mäntelchen umzuhängen. Das ist in erster Linie Marketing und kaum als ernsthafter Versuch zu begreifen, so etwas wie ökosoziale Verantwortung zu übernehmen. Im Vergleich zur Bewerbung vermeintlich „grüner“ Aktivitäten sind die in diese Richtung gehenden Bestrebungen vernachläs- sigbar, es geht darum, den Anschein von Nachhaltigkeit zu wecken. In den Konzernbilanzen zählt aber das, was am Ende für die Anteilseigner herausspringt, der Rest ist allenfalls Beiwerk, um den es bloß deshalb Aufhebens zu machen gilt, weil eine für Nachhaltigkeitsthemen sensibilisierte Gesellschaft zunehmend danach verlangt.

In den USA wurde der Fast-Fashion-Gigant H&M unlängst wegen Greenwashings verklagt. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein. Die österreichische Aktivistin Nunu Kaller kritisiert in einem aktuellen Kommentar im Nachrichtenmagazin Profil, dass von H&M Nachhal- tigkeit suggeriert werde, wo bei objektiver Betrachtung kaum Substanz da sei. „Wenn wir schon übel einkaufen müssen, dann bitte wenigstens bei denen, die nicht auf nachhaltig tun. Damit ich mich klar entscheiden kann: Ja, ich kaufe kein umweltfreundliches Produkt und ich übernehme dafür meine persönliche Verantwortung“, argumentiert Kaller, die den Gegensatz zwischen billig und nachhaltig als unüberbrückbar betrachtet. „Fast Fashion ist Ausbeutung“, lautet das Verdikt der Akti- vistin, die im Nachhaltigkeitsmarketing nicht mehr als den erfolgreichen Versuch sieht, den Konsumenten ein Einkaufen „mit gutem Gewissen“ zu ermöglichen.

Ein reines Gewissen sorgt zuverlässig dafür, dass die Spendierhosen in eigener Sache tiefere Taschen haben. Kaller macht Greenwashing als „Umsatztreiber und ei- ne der größten Hürden am Weg zu einer echten, systemischen Veränderung des Marktes der Fast Moving Consumer Goods, also etwa Lebensmitteln oder Kleidung“, dingfest. Der Gegenentwurf zum billigen „Shoppen

mit gutem Gewissen“, das sich realiter kaum ausgeht, kann das Einkaufen mit schlechtem Gewissen sein. Gewissensbisse könnten tatsächlich ein gutes Korrektiv sein, das Konsumenten in Sachen Mode mit einem neu- en Bewusstsein dafür ausstatten kann, dass nach allen Kriterien gute Garderobe auch etwas mehr Geld kosten darf, soll, muss. Dafür bekommt der Konsument auch einen zählbaren und einen immateriellen Mehrwert. Das heißt natürlich nicht, dass jeder in Designerklamotten herumlaufen können wird. Der mündige und aufgeklärte Konsument kann selbst darüber entscheiden, ob er für seine Garderobe ein gutes Teil kauft, das wahrscheinlich länger hält, oder aber zehn Teile von der Beinahe-Einwegmode aus einem asiatischen Sweatshop. Es täte gut, Konsumentscheidungen stärker mit ethischen Gesichtspunkten zu verknüpfen.

DIE IMMER SCHNELLERE MODE

Das ist freilich angesichts der Realität noch Wunschdenken. Alles deutet darauf hin, dass der Siegeszug der Fast Fashion ungebremst weitergehen wird und sich deren Marktvolumen bis 2050 sogar verdreifachen könnte. Dagegen hilft bewusster Konsum, der darin bestehen kann, zwar insgesamt weniger Kleidungsstücke zu kau- fen, aber dafür qualitativ bessere. Der Trend weist aber in eine andere Richtung. Fast Fashion dürfte sich sogar noch beschleunigen.

Ultra-Fast-Fashion heißt die Entwicklung, die dazu geführt hat, dass Kleidung immer noch schneller produziert, auf den Markt geworfen und „verbraucht“ wird. Ermöglicht wird das Nonplusultra der schnellen Mode von der Digitalisierung unseres Alltags. Sich quasi im Stundentakt ändernde Trends werden via Plattformen wie TikTok, Instagram oder YouTube der besonders modeaffinen Zielgruppe – meist Frauen zwischen 15 und 30 Jahren – in die Timelines gespült. Die Zeiten, als Modehäuser noch zwei Kollektionen im Jahr präsentiert haben, sind ohnehin längst passè. Bei Fast- Fashion-Platzhirsch Zara sind es mittlerweile 24 pro Jahr, bei H&M zwischen zwölf und 16. Das ist im Vergleich zu früher viel, aber für Ultra-Fast-Fashion-Ver- hältnisse äußerst behäbig. Das Tempo, das die dortigen Branchenkrösusse vorlegen, ist atemberaubend hoch. Der britische Ultrafast-Pionier ASOS wirft nach Recher- chen des Spiegel pro Woche 4.500 neue Teile auf den Markt, das berüchtigte chinesische Unternehmen Shein – ausgesprochen als she-in – soll sogar zwischen 700 und 1.000 neue Teile pro Tag auf den Markt werfen. Pro Tag! Wir steuern damit auf eine modische Schein-Welt zu, in der aus dem Modetrend vom Vormittag der Müll vom Nachmittag wird. „Ultraschnelle Mode frisst die Welt auf “, titelte das respektable US-Magazin The Atlan- tic schon im März 2021, dazu der resignierte Nachsatz: „Selbst eine Pandemie kann die Menschen nicht davon abhalten, Kleidung zu kaufen, die sie nicht brauchen.“

Die globale Modeindustrie läuft auf Hochtouren, seit dem Jahr 2000 hat sich die Bekleidungsproduktion mehr als verdoppelt. Was fast nichts bzw. auffällig wenig kos- tet, kann klarerweise auch keinen großen Wert haben. Insbesondere am Fußende der Wertschöpfungskette, die eigentlich der Anfang ist, bei den Menschen, die die- se Mode mit kürzestem Ablaufdatum nicht nur unter arbeitnehmer-, sondern generell oft menschenfeindlichen Bedingungen fertigen müssen, um ihren Lebens- unterhalt bestreiten zu können. Es ist eine der größeren Sauereien unseres Wirtschaftssystems, dass jene, die ein Produkt, das milliardenfach über die Ladentheken geht, ursprünglich herstellen, am Katzentisch der Wertabschöpfung sitzen dürfen, während Dividenden und Vorstandsgehälter gleichzeitig aus allen Nähten plat- zen. In der Modeindustrie zeigt der Spätestkapitalismus seine hässliche Fratze, der in Sachen Arbeitsbedingun- gen im globalen Süden immer wieder frappierend an seine Anfänge in den Baumwollspinnereien des späten 18. Jahrhunderts in England erinnert.

LANGSAME MODE

Eine Alternative zur fortwährenden Beschleunigung der Modewelt könnte Slow Fashion sein. Sie ist der bewusste Gegenentwurf zur Fast Fashion und setzt auf Kleidung in zeitlosen Designs und in hochwertiger, langlebiger Qualität. „Alles, was nicht Masse ist, ist Slow Fashion“, glaubt Designer und Mirou-Mastermind Michael Baumgärtner. Dem Modehändler bereitet es Kopfzerbrechen, dass so viel Kleidung weggeworfen wird. Er sieht sich selbst mit seinem Laden als personifizierte Antithese zur Fast Fashion: „Wir machen unsere eigenen Sachen, ausschließ- lich in unserem Atelier hier in Innsbruck. Dafür kaufen wir genau die Meterzahlen an guten Stoffqualitäten ein, die wir brauchen. Unterm Strich kommt dabei natürlich ein etwas höherpreisiges, aber auch höherwertiges Pro- dukt heraus. Bei uns wird nichts weggeworfen.“

Baumgärtners Kreationen und jene Labels, die er in seinem Geschäft zusätzlich führt, sind nicht dafür gemacht, rasch entsorgt zu werden. Zu zeitlos im Design, zu dauerhaft im Material sind sie dafür. Und nicht zuletzt auch zu teuer, um nur ein paarmal getragen zu werden. „Trendig sein um des Trends willen, nur für maximal eine Saison, das gibt es bei uns nicht“, sagt Baumgärtner, der, statt äußerst kurzlebigen Trends hinterherzuhecheln einen Grundstock an Designs hat, den er sorgfältig kuratiert, ein paar Modelle kommen weg, ein paar andere dazu. „Wir arbeiten bewusst wenig mit Mustern und vorzugsweise mit gedeckten Farben“, sagt der Modeschöpfer. Das ist durchaus als Zugeständnis an die Zeitlosigkeit zu werten. In Bezug auf die aus ökologischen Gesichtspunkten umstrittene Kunstfaser vertritt Baumgärtner eine differenzierte Ansicht: „Ich verarbeite von der Natur- bis zur Kunstfaser so gut wie alles, was es gibt. Ich achte aber darauf, dass die Stoffe unter fairen Produkti- onsbedingungen hergestellt wurden. Das ist manchmal wichtiger, als sich allein darauf zu fixieren, ob es nun ein Natur- oder Kunststoff ist.“ Außerdem gebe es sehr gute synthetische Stoffe, die nicht aus Erdölprodukten her- gestellt würden. „Das merkt man an der Qualität, aber eben auch am Preis“, sagt der Modehändler. There is no free lunch. Baumgärtner meint damit die Kategorie der sogenannten halbsynthetischen Fasern, die auch zellulosische Chemiefasern genannt werden und kein Mikroplastik freisetzen. Das sind Fasern auf pflanzlicher Basis, die mittels eines chemischen Verfahrens herge- stellt werden. Mit Naturfasern wie etwa Hanf ist der De- signer derweil noch nicht wirklich glücklich. „Die sind qualitativ meistens noch nicht so, wie ich mir das für meine Mode vorstelle. Es gibt zwar auch gute Stoffe, aber für denselben Preis bekomme ich sogar Kaschmir“, so Baumgärtner, der auch von der Wasch- und Haltbarkeit dieser Naturtextilien noch nicht vollends überzeugt ist. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

In Sachen Haltbarkeit ist von Fast Fashion wie erwähnt nicht allzu viel zu erwarten. „Nicht umsonst nennt man sie auch Wegwerfmode“, stellt Baumgärtner fest. Unter anderem arbeitet er mit einer Dame zusammen, die Kaschmir recycelt. Preislich sei da allerdings nicht viel Unterschied zu neu produziertem Kaschmir. Der Kauf derartiger Mode ist keine Okkasion und zahlt daher eher auf das ethische Konto des Verbrauchers ein, der die Textilien in diesem Fall ja nicht verbraucht, sondern als Recyclat im Kreislauf hält. Das ist eine gute Sache.

Der Designer sieht den Trend immer mehr in Richtung Recyclingmaterialien weisen. Generell ist es sinnvoll, ein- mal produzierte Kleidung in Zirkulation zu halten und in neue, zweite Hände zu geben. „Second Hand finde ich persönlich super“, meint Baumgärtner, der selbst auch gerne etwas ausgefallenere Vintage-Kleidungsstücke in guter Qualität kauft, etwa lederne Bikerjacken aus den 70ern. Second Hand ist gewissermaßen ein Qualitätsausweis. Es handelt sich um Teile, die gut genug sind, um weitergegeben und getragen zu werden. Ob neu oder gebraucht, Qualität kostet Geld. Das ist besonders für ein jüngeres, modeaffines, aber weniger zahlungskräftiges Publikum eine Herausforderung, aber der Zeitgeist weht unentwegt in Richtung Nachhaltigkeit, weil immer mehr Menschen zu begreifen scheinen, dass die Zukunft in mancher Hinsicht anders gelebt werden sollte als die Vergangenheit. „Ich erkläre jüngeren Leuten gerne, dass fünf T-Shirts, die sie nach wenigen Malen tragen wegwerfen müssen, genauso viel kosten wie eins von mir, das länger halten wird als diese fünf Teile zusammen. Was ist nachhaltiger?“, fragt der Modedesigner rheto- risch. Insgesamt sieht Baumgärtner in der Modewelt die Schere immer weiter aufgehen zwischen den globalen Konzernen, die schnelle Massenware anbieten, und teu- ren, kleineren Produzenten. „Es wird längerfristig wohl nur noch sehr billig oder sehr teuer geben. Die Mitte, die gute Qualität zu einem fairen Preis anbietet, steht vor zunehmend schwierigeren Bedingungen“, glaubt der Fachmann. Für die Zukunft sieht Baumgärtner vor allem Unisex-Mode im Kommen. „Immer mehr Marken, die klassische Männer- und Frauenkollektionen gemacht haben, ergänzen diese durch eine dritte Unisex-Linie“, erklärt Baumgärtner. Es ist gut möglich, dass das eine taktische Konzession der Modewelt an den Zeitgeist ist oder aber die Intention, auf dem Weg über die Mode im Sinne einer Avantgarde Einfluss auf die Geschlechterverhältnisse zu nehmen. Vielleicht ist es auch beides. Es ist jedenfalls nicht unerhört, dass Kleidung allen Menschen geschlechtsunabhängig gut stehen kann.

AUF DIE QUALITÄT KOMMT ES AN

Obwohl in Summe viel zu viel Kleidung verbrannt wer- den muss, ist es nicht fair, mit dem Finger nur auf einzelne Stoffe zu zeigen, die problematisch sein können. Polyester zum Beispiel, ein Gewebe aus synthetischen Fasern, das aufgrund seiner unkomplizierten Beschaffenheit zu einem der beliebtesten Bekleidungsstoffe verarbeitet wird, ist nicht per se böse. Es kommt wie immer auf die Qualität an. „Ich mag Polyesterqualitäten, weil damit die Möglichkeiten fast unendlich sind. Damit lassen sich sehr hochwertige Sachen machen, die mit Naturfaser gar nicht umsetzbar wären und die sich dabei auch noch fast wie Seide anfühlen“, zeigt Baumgärtner sich undogmatisch, was den Einsatz von Kunstfasern be- trifft, sofern diese nur hochwertig sind. Polyester spielt auch im Recycling eine Rolle. So lassen sich durch das Einschmelzen von bereits vorhandenem Kunststoff – etwa aus PET-Flaschen – und dem anschließenden Ver- spinnen zu textilen Fasern recycelte Stoffe herstellen, deren Qualität sich kaum von neu produziertem Polyes- ter unterscheidet, jedoch Ressourcen schont.

Bei den sogenannten Mischtextilien – zum Beispiel aus Polyester und Baumwolle – stand man bislang vor dem Problem, dass sich diese nicht so einfach trennen ließen, was das Recycling verkompliziert. Mittlerweile gibt es vielversprechende Methoden, um diese Mischtextilien chemisch wieder in ihre Einzelteile zu zerlegen. Dabei werden die Textilien zunächst in feine Flocken zerteilt und anschließend die Baumwolle mithilfe von Enzymen vom Polyester getrennt und in Glukose umgewandelt. Die getrennten Fasern werden danach getrocknet und gereinigt, aufgeschmolzen und zu Granulat aufbereitet. Dieses lässt sich dann zu einem Garn verspinnen, das man durch Zugabe neuer Baumwolle weiterverarbeiten kann. So entsteht am Ende eine Materialmischung, die dem Ausgangsstoff entspricht und auch qualitativ gleichwertig ist. Bis sich das Ganze im industriellen Maßstab durchsetzt, dürfte es allerdings noch dauern. So wie die Kreislaufwirtschaft in der Modeindustrie überhaupt noch am Anfang steht.

Der Weg ist weit, wie McKinsey im Report „The State of Fashion 2021“ nüchtern festgestellt hat: „Ein branchen- weites Kreislaufwirtschaftsmodell ist ein hochgestecktes Ziel – und noch weit von seiner Verwirklichung entfernt. Trotz der Bemühungen einiger Akteure werden bis zu zwölf Prozent der Fasern immer noch in den Fabriken weggeworfen, 25 Prozent der Kleidungsstücke bleiben unverkauft und weniger als ein Prozent der Produkte wer- den zu neuen Kleidungsstücken recycelt.“ Es gibt einigen Handlungsbedarf, den übrigens auch die EU-Kommission erkannt hat, die mittels Richtlinie ab 2025 Textilrecycling verpflichtend macht. Doch politische Rahmenbedingungen allein werden nicht ausreichen, um eine notwendige Fashion-Wende herbeizuführen. Es liegt am Konsumenten, der mit seiner Brieftasche über die Zukunft der Modewelt abstimmen kann. Hüllen wir uns ein in eine neue Langsamkeit, kleiden wir uns mit Stoffen, die innerhalb möglichst geschlossener Stoffkreisläufe zirkulieren können. Sie würde uns allen gut stehen, die Slow Fashion, als fesche Fashion einer neuen Langsamkeit.

Text und Fotos: Marian Kröll

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