Wir, die wir in Tirol wohnen, sind ob der fast greifbaren Nähe zu Italien besonders gesegnet. Weil man nicht weit fahren muss, um ins Dolce Vita einzutauchen. Meist stellt sich ein erstes wohliges Gefühl schon gleich hinterm Brenner ein. Wo der Brenner ist, ist Urlaub. Und wo Urlaub ist, ist das Leben schön. Vor allem das kulinarische Südtirol hat es uns angetan. Tradition, Regionalität und Handwerkskunst zählen in der Küche des Südens zum höchsten Gut. Tief unten im Tal und hoch oben am Berg. Der gewachsene Mix aus alpinen Geschmäckern und mediterranen Einflüssen sorgt für spannende und genussreiche Erlebnisse am Teller, die Augen, Gaumen und Seele gleichermaßen erfreuen.
Südtirol ist ein Land, in dem aus Altem Neues und aus Neuem Innovation entsteht. Das gilt auch fürs Essen. Hier verschmilzt die kulinarische Vergangenheit wunderbar feinfühlig mit aktuellen Trends, regionale Produkte mit unglaublich kreativer Zubereitung, Heimat mit dem Blick über den Tellerrand. Und kaum irgendwo sonst ist die Sternedichte so hoch wie hier.
Sternderl schauen
Seit 2010 dürfen sich in Österreich bedauerlicherweise keine Restaurants mehr mit Sternen dekorieren. Ab diesem Jahr hat der Guide Michelin ob mangelnder Verkaufszahlen des roten Büchleins und der ökonomischen Situation Österreich nämlich kurzerhand rausgeworfen – bis auf ein paar auserwählte Ausnahmen in Wien und Salzburg. Glücklicherweise durften die Südtiroler die leuchtenden Himmelskörper behalten. Nicht dass die Küche in den heimischen ehemaligen Sternerestaurants heute nicht mehr so gut ist wie früher – der Guide wurde schließlich nicht wegen mangelnder kulinarischer Qualität eingestellt –, dennoch gibt es lukullischen Feinspitzen ein gutes Gefühl, sich das ein oder andere Mal eben durch die Karte eines Sternerestaurants zu gustieren. Und was sollen wir sagen? Weit müssen wir dafür nicht fahren.
Generell ist Südtirol ein einziger kulinarischer Hotspot. Im aktuellen Guide Michelin wurden an 21 Restaurants insgesamt 26 Sterne verliehen. Norbert Niederkofler ist dabei nicht nur einer von den nur zwölf 3-Sterne-Köchen Italiens – und der einzige in Südtirol –, sondern auch Träger des grünen Michelin-Kleeblatts für nachhaltige Initiativen im Bereich der Gastronomie. Diese Auszeichnung wurde im November 2020 zum ersten Mal vergeben, die Anzahl der „grünen“ Restaurants ist seitdem stetig gewachsen. Als einzige Frau wurde abermals Anna Matscher vom Restaurant „Zum Löwen“ in Tisens mit einem Stern bedacht. Auch die Tester des Gault&Millau werden regelmäßig auf die Südtiroler Gastronomie aufmerksam. Über 120 Gourmettempel wurden in der aktuellen Ausgabe ausgezeichnet, auch hier überzeugt Anna Matscher als „Köchin des Jahres“ mit ihrem „Traditionellen im Geiste der Moderne“ wie Tortelloni mit Büffeltopfen. Wir haben uns auf eine kleine Reise durch den Süden begeben.
Lesen Sie in unserem Südtirol-Sonderteil über die alpine Küche sowie das Kochen im Dreiklang von Regionalität, Saisonalität und Nachhaltigkeit und lernen Sie junge, regionale Produzenten kennen. Dazu gibt’s feine Rezepte und jede Menge Restauranttipps.
Text: Marina Bernardi
Fotos: Terra - The Magic Place