In St. Bartlmä in Innsbruck trifft mit dem keramischen Handwerk eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit auf digitalen 3-D-Druck. Die cera.LAB-Gründer Jan Contala und Philipp Schwaderer konnten sich mit ihrem in Eigenregie gebauten 3-D-Keramikdrucker mittlerweile etablieren und experimentieren weiter daran, ihrem Ansatz des Algorithms-Aided-Design neue Anwendungsmöglichkeiten zu entlocken. Eine davon ist die Erschaffung von Fassadenpaneelen, die sich aufgrund der keramischen Materialeigenschaften besonders dafür eignen, urbanen Räume zu begrünen. Die diffusionsoffene Keramik taugt als Trägerplatte für verschiedene Pflanzen. Durch den 3-D-Druck, der Individualität ohne nennenswerten Mehraufwand ermöglicht, lassen sich Fassadenelemente konstruieren und ausdrucken, die an organische Formen erinnern und natürliche Erscheinungen zitieren. Das ist durchaus wichtig, denn es scheint ein Zeitalter zu nahen, in dem sich der Mensch zwangsläufig wieder mehr auf die Natur und ein Leben im besseren Einklang mit dieser besinnen wird müssen.
Biomic Wall
cera.LABorant Jan Contala hat gemeinsam mit dem Institut für Experimentelle Architektur rund um Universitätsprofessor Marjan Colletti und einer Gruppe von Studierenden ein 3-D-gedrucktes keramisches Fassadenfragment umgesetzt, das sich als „eine Antwort auf die aktuelle Umweltsituation und die Notwendigkeit der Verflechtung von Architektur und Natur“ begreift. „Die Begrünung eines dichten Stadtraums verbessert nicht nur die Luftqualität, sondern reguliert auch das Stadtklima und dämpft den Lärm. Der komplexe Aufbau – bestehend aus mehreren Schichten, Materialmix – einer begrünten Fassade kann mit Hilfe des digitalen Designs und der digitalen Fertigung stark vereinfacht werden. Digital gestaltete Keramikfassaden können aufgrund ihrer Ausrichtung und Porosität zu einem Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen werden“, heißt es im Programm zum Kurs SE New Technologies.
In ästhetischer Hinsicht sieht das Fassadenfragment jedenfalls vielversprechend aus, wie es sich funktional im Alltag bewährt, wird sich noch zeigen müssen. Bis derartiges in größerem Maßstab gefertigt und verbaut werden kann, wird es gewiss noch dauern. Das cera.LAB arbeitet, wie man sieht, bereits heute daran, Gebäuden über keramische, begrünte Fassaden das Atmen zu lehren.
Text & Fotos: Marian Kröll