Selbst zu Hause kochen ist nicht erst seit gestern ein gesellschaftlicher Megatrend. Davon zeugen unzählige Kochshows im TV ebenso wie eine gefühlte Fantastilliarde von Inhalten im Netz sowie eine stattliche Anzahl an immer neuen Küchengadgets. Manche sinnvoll, andere eher weniger. So wie man wohl das Rad nicht neu erfinden braucht, so muss es sich – könnte man annehmen – wohl auch mit dem Schneidebrett verhalten. Falsch! Die beiden Osttiroler Jungunternehmer und Cousins Armin Hofmann und Roland Tiefnig strafen diese ignorante Haltung gegenüber einem der elementarsten Küchenutensilien mit ihrem Unternehmen pro planche seit 2020 Lügen.
Wie konnte es dazu kommen, dass zwei junge Männer – man ist versucht zu sagen, ausgerechnet – das Schneidebrett neu erfunden haben? Im Zuge des gemeinschaftlichen Kochens, man schrieb das Jahr 2018, entzündete sich unter den kulinarisch interessierten Technikern eine Debatte darüber, welcher Art von Schneidebrett der Vorzug zu geben sei. Roland Tiefnig neigte vor allem aus Natürlichkeits- und Nachhaltigkeitsgründen eher dem Holz zu, der pragmatische Cousin Armin Hofmann schien eher auf Plastik zu setzen, das im Handling wie in der maschinellen Reinigung im Geschirrspüler unkomplizierter zu sein schien. Beide waren schließlich unzufrieden, weil ein Material fehlte, das die Vorteile von Holz und Plastik miteinander zu verbinden wusste. Die Schneidebretter-Innovation schien bereits vor langer Zeit in eine evolutionäre Sackgasse eingebogen zu sein. „Es gibt heute unglaublich viele Küchengadgets, aber bei so etwas Einfachem wie einem Schneidebrett gibt es nur Kompromisse“, so die beiden. Das war für die Erfinder, gerade was das Schneidebrett als zentrales Element in der Küche anging, kein haltbarer Zustand.
Das kompromisslose Schneidebrett
Also machten sich Hofmann und Tiefnig daran, ein Schneidebrett zu entwickeln, das kompromisslos sein sollte. Es galt, ein Material zu finden, das nichts weniger als die eierlegende Wollmilchsau unter den Schneidebrettern sein sollte. „Wir sind keine Köche, uns hat vor allem die technische Herausforderung gereizt“, sagt Tiefnig.
Die beiden Jungunternehmer haben einen profunden Background in der Produktentwicklung und im technischen Projektmanagement und sind strategisch und informiert an das Problem herangegangen. Es wurde im Folgenden viel ausprobiert und recherchiert, das ideale Material ließ noch auf sich warten. So lange, bis man schließlich auf einen Hersteller von Papierverbundstoffen stößt, die vordem vor allem als Baustoffe, insbesondere an Fassaden, eingesetzt wurden. Diese Platten werden allerdings mit einem Kunststoff laminiert. Damit konnten die pro-planche-Gründer vorerst nichts anfangen. Sie haben sich also nach einem Hersteller umgesehen, der das aus Recyclingpapier – konkret Papierabschnitte aus der industriellen Papierproduktion – bestehende Material herstellen kann, ohne dabei auf Kunststoffe oder Kunststofflaminierungen zurückzugreifen. Eine weitere Anforderung war, dass alle europäischen Anforderungen für den Kontakt mit Lebensmitteln erfüllt werden. Die Haftung zwischen den über 60 Papierlagen entsteht durch das Imprägnieren in das Trägerharz und die Kombination aus Hitze und Druck. Vom aus der Schale der Cashewnuss gewonnenen natürlichen Harz rührt auch das durchaus elegante matte Schwarz der pro-planche-Produkte. „Die Lagen werden in einem recht komplexen Prozess gestapelt, gepresst und unter Hitze ausgebacken“, erklärt Roland Tiefnig den ersten Teil des Herstellungsprozesses. Mit 66 Lagen, da fängt das (kulinarische) Leben eines innovativen Schneidebretts aber erst so richtig an. Die Endfertigung wird in Osttirol vom sozialökonomischen Betrieb „Schindel & Holz“ erledigt. Dort werden die Bretter zugeschnitten, die Saftrillen ausgefräst und das dezente Logo eingraviert.
Schneidiges Schneidebrett
Haptisch stellten die Schneidebrett-Entwickler die Anforderung, dass sich die Produktoberflächen wie Papier anfühlen sollten, damit die taktile Abgrenzung zu den nicht nachhaltigen, erdölbasierten Produktnachbarn ab der ersten Berührung gelingen sollte. Das ist – so viel darf man behaupten – eindrucksvoll gelungen. Geradezu papieren-samtig liegen die Schneidebretter in der Hand, bereit dafür, auf ihnen die Grundlage für ein Gedicht von einem Gericht zu schaffen. Außerdem sind die mattschwarzen Bretter ein echter Hingucker, auf denen sich auch in der Präsentation und nicht nur während des Kochens allerlei Wohlschmeckendes anrichten lässt. Zu schön sind sie, die Bretter, um etwaigen Gästen, die sich zum gemeinsamen Genießen eingefunden haben, ihren Anblick vorzuenthalten. Aus ästhetischen Gründen, weil die pro-planche-Bretter an Schiefer erinnern, werden sie auch in der Gastronomie gerne anstelle von Tellern oder zum Anrichten von Käseplatten und Ähnlichem eingesetzt.
Die Schneidebretter auf Papierbasis sind aber nicht nur schön, sondern dazu noch extrem robust. Das geht allerdings nicht, wie etwa beim Schneiden auf Glas oder Stein, auf Kosten der Messer, die die pro-planche-Produkte schonend zu behandeln wissen. Auch das ist kein Zufall: „Unsere Schneidebretter sind hart genug, um nicht sofort tiefe Furchen zu bekommen, und weich genug, damit die Klinge der Messer nicht darunter leidet“, hält Roland Tiefnig fest. Kurzum: Messerschonend. Sollten sich nach längerer Nutzung einmal doch ein paar Schnitte im Brett zeigen, kann man das Brett übrigens mit einem feinen Schleifpapier behandeln und anschließend einölen, und es wird wieder so gut wie neu. Interessanterweise ist auch im Papier-Harz-Verbundmaterial jene antibakterielle Wirkung nachgewiesen, die Holzbretter durch die darin enthaltenen Gerbsäuren entfalten. „Unsere Kunden schätzen sowohl die praktischen Qualitäten als auch die Ästhetik unserer Produkte“, sagen die beiden Gründer. Deshalb darf es auch gerne mehr davon geben. Ein schneidiges Schneidebrett aus Osttirol ist übrigens auch ein mehr als nur passabler Geschenktipp, zu Weihnachten etwa und in allen anderen Lebenslagen.
Bei pro planche ist mit dem Schneidebrett das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Die Entwicklung geht weiter, die Zeichen stehen auf Ausdifferenzierung der Produktpalette. So hat man ein stylish-praktisches Back- und Nudelbrett samt rutschfester Korkmatte als Unterlage gelauncht, ebenso wie ein Maki-Set, bestehend aus Schneidebrett sowie Stäbchen und einem Schälchen aus Metall. Das junge Unternehmen pro planche steht für Nachhaltigkeit, Hygiene und Widerstandsfestigkeit und besticht mit durchdachtem Design, in der Region produziert und hergestellt aus zukunftsfähigen und nachwachsenden Werkstoffen. Gut für die Umwelt, gut zu den Messern, gut zu den Lebensmitteln, liegt gut in der Hand und ist auch noch gut anzusehen. Besser geht’s nicht.
www.proplanche.com
Text: Marian Kröll